"Die romantische Auflehnung gegen Logik und Wissenschaft beschränkt sich nicht auf das Gebiet des Gesellschaftlichen und der Gesellschaftswissenschaft; sie ist Auflehnung gegen das Ganze unserer Kultur und Zivilisation. Abkehr vom Wissen und von der Technik, Rückkehr zum Glauben und zur Bukolik des Mittelalters fordern sowohl Spann als auch Sombart, und alle Deutsche, die nicht im Lager des Marxismus stehen, stimmen ihnen freudig zu. Die Marxisten aber sind eifrig dabei, ihren einst nüchternen 'wissenschaftlichen' Sozialismus in einen den Massen mehr zusagenden romantischen und sentimentalen Sozialismus umzugestalten.
Der Wissenschaft wird vorgeworfen, daß sie nur zum Verstande spreche, das Gemüt aber leer und unbefriedigt lasse. Sie sei hart und kalt, wo Wärme verlangt wird; sie gebe nur Lehren und Technik, wo Tröstung und Erhebung gesucht werden. Daß es nicht die Aufgabe der Wissenschaft sein kann, religiöse und metaphysische Bedürfnisse zu befriedigen, ist nicht zu bestreiten. Sie darf die Grenzen, die ihr gezogen sind, nicht überschreiten, sie hat sich auf die Ausgestaltung unseres Begriffssystems zu beschränken, um dann mit seiner Hilfe die logische Verarbeitung der Erfahrung in die Hand zu nehmen; sie baut damit die Grundlagen, auf denen die wissenschaftliche Technologie - und dazu gehört auch alle Politik als Kunstlehre des Gesellschaftlichen - ihr System errichtet.
Um Glauben und Seelenfrieden hat sich die Wissenschaft in keiner Weise zu kümmern. Die Versuche, Metaphysik wissenschaftlich zu begründen oder durch monistische Feiern, die dem Gottesdienst nachgebildet werden, eine Art Religionsersatz zu schaffen, haben mit Wissenschaft nichts zu tun. An das Transzendente, an das, was jenseits des Denkens und der Erfahrung für uns unzugänglich ruhen mag, kommt die Wissenschaft in keiner Weise heran; sie kann sich zu Lehren, die allein das Transzendente betreffen, weder ablehnend noch zustimmend äußern.
Ein Konflikt zwischen Glauben und Wissen entsteht erst, wenn Religion und Metaphysik aus ihrer Sphäre heraustreten und der Wissenschaft den Kampf ansagen; sie greifen an, teils aus dem Bedürfnis, Glaubenssätze zu verteidigen, die mit dem Stande der wissenschaftlichen Erkenntnis nicht vereinbar sind, öfter noch, um sich gegen die Anwendung der Wissenschaft im Leben zu kehren, wenn diese dem von ihnen empfohlenen Verhalten nicht entspricht. Es ist unschwer zu verstehen, warum dabei die subjektivistische Nationalökonomie am stärksten befehdet wird.
Man darf sich nicht darüber täuschen, daß heute nicht nur die Massen, sondern auch die Gebildeten, die, die man die Intellektuellen nennt, in dieser Auseinandersetzung nicht auf der Seite der Wissenschaft zu finden sind. Manchen mag diese Haltung Herzensbedürfnis sein. Sehr viele aber rechtfertigen ihre Stellungnahme damit, daß es im Zug der Zeit liege, daß man sich dem sehnsüchtigen Wunsch der Massen nicht verschließen dürfe, daß der Intellekt sich demütig vor dem Instinkt und der Einfalt des frommen Gemüts beugen müsse. So dankt der Intellektuelle freiwillig ab, verzichtet voll Selbstverleugnung auf seine Führerrolle und wird zum Geführten. Diese Umkehr - nicht etwa der Wissenschaft, sondern derer, die sich als die Träger der Geisteskultur ansehen - war weitaus das wichtigste geschichtliche Ereignis der letzten Jahrzehnte. Ihr Ergebnis ist eine Politik, deren Früchte wir mit Entsetzen reifen sehen.
Wissenschaftliches Denken hat zu allen Zeiten vereinsamt. Doch nie war es um eine Wissenschaft herum einsamer als um die moderne Nationalökonomie. Das Schicksal der Menschheit - Fortschreiten auf dem Wege, den die Gesittung des Abendlandes seit Jahrtausenden geht, oder jäher Absturz in ein wüstes Chaos, aus dem es keinen Ausweg gibt, aus dem kein neues Leben je erstehen wird - hängt davon ab, ob es dabei bleiben wird."
Der Wissenschaft wird vorgeworfen, daß sie nur zum Verstande spreche, das Gemüt aber leer und unbefriedigt lasse. Sie sei hart und kalt, wo Wärme verlangt wird; sie gebe nur Lehren und Technik, wo Tröstung und Erhebung gesucht werden. Daß es nicht die Aufgabe der Wissenschaft sein kann, religiöse und metaphysische Bedürfnisse zu befriedigen, ist nicht zu bestreiten. Sie darf die Grenzen, die ihr gezogen sind, nicht überschreiten, sie hat sich auf die Ausgestaltung unseres Begriffssystems zu beschränken, um dann mit seiner Hilfe die logische Verarbeitung der Erfahrung in die Hand zu nehmen; sie baut damit die Grundlagen, auf denen die wissenschaftliche Technologie - und dazu gehört auch alle Politik als Kunstlehre des Gesellschaftlichen - ihr System errichtet.
Um Glauben und Seelenfrieden hat sich die Wissenschaft in keiner Weise zu kümmern. Die Versuche, Metaphysik wissenschaftlich zu begründen oder durch monistische Feiern, die dem Gottesdienst nachgebildet werden, eine Art Religionsersatz zu schaffen, haben mit Wissenschaft nichts zu tun. An das Transzendente, an das, was jenseits des Denkens und der Erfahrung für uns unzugänglich ruhen mag, kommt die Wissenschaft in keiner Weise heran; sie kann sich zu Lehren, die allein das Transzendente betreffen, weder ablehnend noch zustimmend äußern.
Ein Konflikt zwischen Glauben und Wissen entsteht erst, wenn Religion und Metaphysik aus ihrer Sphäre heraustreten und der Wissenschaft den Kampf ansagen; sie greifen an, teils aus dem Bedürfnis, Glaubenssätze zu verteidigen, die mit dem Stande der wissenschaftlichen Erkenntnis nicht vereinbar sind, öfter noch, um sich gegen die Anwendung der Wissenschaft im Leben zu kehren, wenn diese dem von ihnen empfohlenen Verhalten nicht entspricht. Es ist unschwer zu verstehen, warum dabei die subjektivistische Nationalökonomie am stärksten befehdet wird.
Man darf sich nicht darüber täuschen, daß heute nicht nur die Massen, sondern auch die Gebildeten, die, die man die Intellektuellen nennt, in dieser Auseinandersetzung nicht auf der Seite der Wissenschaft zu finden sind. Manchen mag diese Haltung Herzensbedürfnis sein. Sehr viele aber rechtfertigen ihre Stellungnahme damit, daß es im Zug der Zeit liege, daß man sich dem sehnsüchtigen Wunsch der Massen nicht verschließen dürfe, daß der Intellekt sich demütig vor dem Instinkt und der Einfalt des frommen Gemüts beugen müsse. So dankt der Intellektuelle freiwillig ab, verzichtet voll Selbstverleugnung auf seine Führerrolle und wird zum Geführten. Diese Umkehr - nicht etwa der Wissenschaft, sondern derer, die sich als die Träger der Geisteskultur ansehen - war weitaus das wichtigste geschichtliche Ereignis der letzten Jahrzehnte. Ihr Ergebnis ist eine Politik, deren Früchte wir mit Entsetzen reifen sehen.
Wissenschaftliches Denken hat zu allen Zeiten vereinsamt. Doch nie war es um eine Wissenschaft herum einsamer als um die moderne Nationalökonomie. Das Schicksal der Menschheit - Fortschreiten auf dem Wege, den die Gesittung des Abendlandes seit Jahrtausenden geht, oder jäher Absturz in ein wüstes Chaos, aus dem es keinen Ausweg gibt, aus dem kein neues Leben je erstehen wird - hängt davon ab, ob es dabei bleiben wird."
Ludwig Mises, "Die psychologischen Wurzeln des Widerstandes gegen die nationalökonomische Theorie", erschienen im sehr heterodoxen Tagungsband Probleme der Wertlehre, Erster Teil, München und Leipzig, 1931 (Reprint Vaduz 1994), S.293-295; zugleich Band 183/1 der Schriften des Vereins für Sozialpolitik.
1 Kommentar:
Auf Facebook wurde gefragt, was Mises mit diesem Zitat Aussagen wollte. Kurz gesagt: ob religiös oder ideologisch bestimmt, sind alle Geistesströmungen, die nicht auf rationalen Grundlagen stehen der Praxeologie bzw. der von Mises mitbegründeten Subjektiven Wertlehre feindlich gegenüber. Karl Popper wies zu Recht darauf hin, dass Religionen und Ideologien nicht falsifiziert (widerlegt) werden können. Es ist daher frustran Gläubige, seien diese Anhänger der sog. Großen Religionen oder ihrer modernen roten oder grünen Nachfolger mit rationalen Argumenten zu überzeugen.
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