Juli 30, 2011

Both kinds of music (63): Sie versprach keinen Rosengarten

Bevor wir uns ab nächster Woche der Country&Western-Musik der 1970er widmen, heute noch drei Titel die in den späten Sechzigern sowohl die Pop- als auch die Country-Charts eroberten.

Harper Valley, P.T.A., eine Verteidigung des Minirocks gegen scheinheilige Spiesser, gelang im September 1968 das Kunststück zugleich auf Nummer 1 der Billboard-Pop und Country-Charts zu stehen, was zuvor noch niemand gelungen war. Interpretin des von Tom T. Hall geschriebenen Songs war die bis dahin recht erfolglose Country-Sängerin Jeannie C. Riley:


Glen Campbell verfehlte die Doppel-Nummer 1 nur knapp. Sein größter Erfolg Wichita Lineman erreichte zwar Nummer 1 der Country-Charts (übrigens auch der Easy Listening-Charts), verfehlte aber die 1, die Marvin Gaye mit I heard it through the grapevine vorbehalten blieb. Der Song kam immerhin bis auf Platz 3. Hier ein Auftritt in seiner eigenen TV-Show The Glen Campbell Goodtime Hour:

Ebenfalls Nummer 3 auf den Pop-Charts und Nummer 1 in den Country-Charts erreichte 1970 Lynn Anderson, eine der erfolgreichsten Vertreterinnen des "Countrypolitan"-Sounds mit dem bis heute allseits bekannten Titel Rose Garden, geschrieben von Joe South:

Juli 29, 2011

Aus der Rubrik "Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren"

Mitten ins Sommerloch platzte dieser Tage die Nachricht der Insolvenz der Baufirma Socimmo, mit 477 betroffenen Lohnarbeitern, die bereits seit Mai nicht mehr bezahlt werden. "Déi Lénk" hat sich nun auch, nach dem Eingeständnis der unausweichlichen Pleite, zu Wort gemeldet und wirft der Regierung Mangel an "Fantasie" vor. Statt schnelle Hilfen für die geprellten Arbeiter hätte diese doch "fantasievoll" handeln können, indem sie das insolvente Unternehmen nicht nur unterstützt, sondern gleich ganz verstaatlicht hätte (die Verantwortlichen für die Misswirtschaft sollen unterdes "zur Rechenschaft gezogen werden", in welcher Form ist nicht ganz klar) - genau wie Déi Lénk das auch bereits bei der Brasserie de Luxembourg vorgeschlagen hatte. Da sind die Genossen der KPL ja vergleichsweise rational, wenn sie sich die "Vergesellschaftlichung aller Schlüsselindustrien" auf die Fahnen schreiben. Déi Lénk wollen dagegen offenbar Verstaatlichungen nur im Fall von Konkursen... (sofern diese denn zum Medienthema geworden sind - bei der rezenten Pleite des Bauunternehmens Pedinotti ist diese Forderung nicht zu vernehmen gewesen) - d.h. die Sozialisierung der Schulden vorantreiben.

Juli 28, 2011

137 Jahre Ernst Cassirer


Heute wollen wir uns weder Ludwig Feuerbach noch Karl Popper widmen (beide ebenfalls an einem 28. Juli geboren), sondern dem Neukantianer und Davoser Heidegger-Antipoden Ernst Cassirer widmen, von dem folgende Überlegungen über den Begriff der Freiheit stammen:

"Freiheit ist einer der dunkelsten und vieldeutigsten Begriffe nicht nur der philosophischen, sondern auch der politischen Sprache. Sobald wir über den Begriff der Willensfreiheit zu spekulieren beginnen, finden wir uns in einem unentrinnbaren Labyrinth metaphysischer Fragen und Antinomien verstrickt.Was die politische Freiheit betrifft, so wissen wir alle, daß sie eines der am meisten gebrauchten und mißbrauchten Schlagworte ist. Alle politischen Parteien haben uns versichert, daß sie immer die wahren Repräsentanten und Hüter der Freiheit seien. Aber sie haben den Begriff immer in ihrem eigenen Sinn definiert und ihn in ihrem besonderen Interesse gebraucht. Ethische Freiheit ist im Grunde etwas viel Einfacheres. Sie ist frei von jenen Vieldeutigkeiten, die sowohl in der Metaphysik, als auch in der Politik unvermeidlich scheinen. Die Menschen handeln als freie Wesen, nicht weil sie ein liberum arbitrium indifferentiae besitzen. Es ist nicht die Abwesenheit eines Motivs, sondern der Charakter des Motivs, was eine freie Handlung charakterisiert. Im ethischen Sinne ist ein Mensch ein frei Handelnder, wenn diese Motive von seinem eigenen Urteil und seiner eigenen Überzeugung, was moralische Pflicht ist, abhängen. Nach Kant ist Freiheit gleichbedeutend mit Autonomie. Sie bedeutet nicht 'Indeterminismus', sie bedeutet eher eine besondere Art der Determination. Sie bedeutet, daß das Gesetz, das wir bei unseren Handlungen befolgen, nicht von außen auferlegt ist, sondern daß das moralische Subjekt sich dieses Gesetz selbst gibt. In der Darlegung seiner eigenen Theorie warnt uns Kant immer vor einem grundsätzlichen Mißverständnis. Ethische Freiheit, so erklärt er, ist keine Tatsache, sondern eine Forderung. Sie ist nicht gegeben, sondern aufgegeben; sie ist kein Geschenk, mit dem die menschliche Natur begabt ist; sie ist eher eine Aufgabe, und zwar die schwierigste Aufgabe, die der Mensch sich stellen kann. Sie ist kein datum, sondern ein Befehl; ein ethischer Imperativ. Diesen Befehl zu erfüllen wird besonders schwer in Zeiten einer strengen und gefährlichen sozialen Krisis, wenn der Zusammenbruch des ganzen öffentlichen Lebens bevorzustehen scheint. Zu solchen Zeiten beginnt das Individuum, ein tiefes Mißtrauen gegen seine eigenen Kräfte zu fühlen. Die Freiheit ist kein natürliches Erbe des Menschen. Um sie zu besitzen, müssen wir sie schaffen. Wenn der Mensch bloß seinen natürlichen Instinkten folgen würde, würde er nicht für die Freiheit kämpfen; er würde eher die Abhängigkeit wählen. Offenkundig ist es viel bequemer, von anderen abzuhängen, als für sich selbst zu denken, zu urteilen und zu entscheiden. Dies erklärt, daß die Freiheit so oft sowohl im privaten als auch im politischen Leben mehr als Last denn als Vorrecht betrachtet wird. Wenn die Bedingungen außerordentlich schwer sind, versucht der Mensch, diese Last abzuschütteln. Hier hakt der totalitäre Staat und der politische Mythus ein. Die neuen politischen Parteien versprechen wenigstens ein Entkommen von dem Dilemma. Sie unterdrücken und zerstören den Sinn für Freiheit selbst; aber gleichzeitig befreien sie den Menschen von jeder persönlichen Verantwortung."

(The Myth of the State; deutsch: Vom Mythus des Staates, geschrieben 1944-45, hier zitiert nach der Ausgabe Hamburg, 2002, S.375-376.)

Juli 25, 2011

Antidote

Juli 24, 2011

Nachvollziehbares Paradox

Gelesen bei Jorge Luis Borges:
"Die Katholiken [...] glauben an eine überirdische Welt, ich habe jedoch festgestellt, daß sie sich nicht für sie interessieren. Bei mir ist das Gegenteil der Fall; mich interessiert sie, aber ich glaube nicht an sie."
(Kabbala und Tango. Essays 1930-1932 [Werke in 20 Bänden, Band 2], 3. Auflage, Frankfurt am Main, 2008, S.281).

Juli 23, 2011

Both kinds of music (62): Wurzellose Countrypoliten

Haben wir uns in den letzten Wochen auf die Anfänge des Country-Pop an der Westküste fokussiert, kehren wir diese Woche wieder zurück zum kommerzielleren Nashville Sound, der in den späten 1960ern zum sog. Countrypolitan (Country + Metropolitan) resp. zum Country-Pop mutierte.

Eine herausragende Newcomerin in den späten 1960ern war, neben Lynn Anderson, auf die wir noch zurückkommen werden, Dolly Parton aus Sevierville, Tennessee, die 1967 als Co-Moderatorin in der Porter Wagoner Show debütierte. Im gleichen Jahr erschien die Single Dumb Blonde, mit der sie ihren ersten Auftritt bei Porter Wagoner eröffnete:

Einer der erfolgreichsten Interpreten im streicherlastigen Nashville-Stil war der ehemalige Beach Boys-Tourmusiker Glen Campbell, mit Hits wie By the time I get to Phoenix (1967), Wichita Lineman (1968) oder den Titelsong des John Wayne-Films True Grit, hier live in der Johnny Cash Show 1969:


Ein weiterer sehr erfolgreicher Interpret im kommerzielleren Segment der Country-Musik war Charley Pride, der 1967 als erster schwarzer Interpret seit DeFord Bailey (der zuletzt 1941 dort aufgetreten war) in der Grand Ole Opry spielte. Hier ein Auftritt aus dem Jahr 1969 in der Lawrence Welk Show mit dem Klassiker Kaw-Liga von Hank Williams:

Juli 19, 2011

R.I.P. François "Faton" Cahen



Mehr zum Tod des ehemaligen Magma- und Zao-Pianisten auf diesem Blog:
http://zeuhlmusic.blogspot.com/2011/07/2011-07-20-obseques-de-francois-cahen.html

Juli 16, 2011

Both kinds of music (61): Das Geburtsjahr des Country-Rock

Nach den Byrd-lastigen Wochen heute drei weitere "Fundamente" des Country-Rock, alle drei aus dem Jahr 1968:

1. Nashville West mit zwei weiteren (späteren) Byrds-Mitgliedern, Clarence White und Gene Parsons, sowie dem späteren Flying Burrito Brother Gib Guilbeau (Parsons trat ebenfalls Mitte der 70er den Burrito Brothers bei). Nashville West (der Name ist Programm) veröffentlichte kein Album zu Lebzeiten. Erst acht Jahre nach Auflösung der Band, 1976, erschien ein Album mit Aufnahmen von 1968, darunter auch dieser Titel: Louisiana rains, sozusagen ein Crossover aus Cajun-Musik und den Beatles.

2. Die Everly Brothers, zehn Jahre nach ihrem Teenie-Hit Bye Bye Love und fünf Jahre nach dem Country-Album The Everly Brothers sing great country hits, verknüpfen auf dem Album Roots erdigen Rock mit traditioneller Country-Musik, darunter auch den Merle Haggard-Titel Mama tried:


3. Deutlich im psychedelischen Bereich operierte die vergleichsweise obskure Band Stone Country um Steve Young, die 1968 ihr einziges Album veröffentlichte. Wer ein Album hören will, auf dem sowohl Banjo als auch Sitar zum Einsatz kommen, ist bei der Band aus Alabama gut aufgehoben. Hier der Titel Mantra:

Juli 15, 2011

119 Jahre Walter Benjamin

Folgende Passage, welche die Verwandlung des Begriffs "kritisch" in der Folge von Kant in einen magischen Terminus durch die deutsche (Früh-)Romantik behandelt (tatsächlich hat sich dieses eigentümlich magische des Begriffs ja bis heute bewahrt - ein Begriff wird zu etwas höherem transsubstantiiert, wenn er mit dem Adjektiv "kritisch" belegt wird, und der Kritisierte kann gerade durch die Inanspruchnahme des Begriffs "kritisch" für sich selber, als "unkritisch" abgetan werden; zugleich - so argumentiert Benjamin - rechtfertigt man die relative aber notwendige Unzulänglichkeit des eigenen Standpunkts als bloße Kritik), stammt aus Benjamins vergleichsweise unbekannt gebliebenen Dissertation Der Begriff der Kunstkritik in der deutschen Romantik (zuerst erschienen 1920 in Bern):

"Von allen philosophischen und ästhetischen Fachausdrücken dürften die Worte Kritik und kritisch in den Schriften der Frühromantiker leicht die häufigsten sein. 'Du schaffst eine Kritik', schreibt Novalis im Jahre 1796 seinem Freunde, als er ihm das höchste Lob zuteil werden lassen will, und zwei Jahre später spricht [Friedrich] Schlegel es mit Selbstbewußtsein aus, daß er 'aus den Tiefen der Kritik' begonnen habe. 'Höherer Kritizismus' ist den Freunden eine geläufige Bezeichnung für alle ihre theoretischen Bestrebungen. Durch Kants philosophisches Werk hatte der Begriff der Kritik für die jüngere Generation eine gleichsam magische Bedeutung erhalten; jedenfalls verband sich mit ihm ausgesprochenermaßen gerade nicht der Sinn einer bloß beurteilenden, nicht produktiven Geisteshaltung, sondern für die Romantiker und für die spekulative Philosophie bedeutete der Terminus kritisch: objektiv produktiv, schöpferisch aus Besonnenheit. Kritisch sein hieß die Erhebung des Denkens über alle Bedingungen so weit treiben, daß gleichsam zauberisch aus der Einsicht in das Falsche der Bindungen die Erkenntnis der Wahrheit sich schwang. In dieser positiven Bedeutung gewinnt das kritische Verfahren die denkbar nächste Verwandtschaft mit dem reflektierenden, und in Aussprüchen wie dem folgenden gehen beide ineinander über: 'In jeder Philosophie, die mit Beobachtung ihres eigenen Verfahrens, mit Kritik anfängt, hat der Anfang immer etwas Eigentümliches'. Dasselbe bedeutet es, wenn Schlegel vermutet: 'Abstraktion, und besonders praktische, ist wohl am Ende nichts als Kritik'. Denn er las bei Fichte, daß 'keine Abstraktion ... ohne Reflexion und keine Reflexion ohne Abstraktion' möglich sei. So ist es endlich nicht einmal mehr unverständlich, wenn er zum Aerger seines Bruders [August Wilhelm], der das 'wahren Mystizismus' nennt, die Behauptung aufstellt, 'jedes Fragment sei kritisch', 'kritisch und Fragmente wäre tautologisch'. Denn ein Fragment - auch dies ein mystischer Terminus - ist für ihn, wie alles geistige, ein Reflexionsmedium. - Nicht so weit, als man meinen sollte, weicht diese positive Betonung des Kritikbegriffs vom Kantischen Sprachgebrauch ab. Kant, in dessen Terminologie gar nicht wenig mystischer Geist enthalten ist, hatte sie vorbereitet, indem er den beiden verworfenen Standpunkten des Dogmatismus und Skeptizismus nicht sowohl die wahre Metaphysik, in der sein System gipfeln sollte, als 'Kritik', in deren Namen es inauguriert wurde, entgegenhielt. Man darf also sagen, daß der Kritikbegriff bereits bei Kant doppelsinnig spielt, welcher Doppelsinn sich bei den Romantikern potenziert, weil sie durch das Wort Kritik zugleich auch auf Kants ganze historische Leistung und nicht nur auf seinen Begriff der Kritik Bezug nehmen. Endlich haben sie auch das unvermeidliche negative Moment dieses Begriffs zu bewahren und zu verwenden verstanden. Auf die Dauer konnten die Romantiker eine ungeheure Diskrepanz zwischen dem Anspruch und der Leistung ihrer theoretischen Philosophie nicht übersehen. Da stellt sich zur rechten Zeit wieder der Begriff der Kritik ein. Denn es besagt, so hoch man die Geltung eines kritischen Werkes auch immer bewerte, daß es das Abschließende nicht sein kann. In diesem Sinne haben die Romantiker unter dem Namen der Kritik zugleich die unausweichliche Unzulänglichkeit ihrer Bemühungen eingestanden, als eine notwendige zu bezeichnen gesucht und so endlich diesen Begriff auf die notwendige Unvollständigkeit der Unfehlbarkeit, wie man es bezeichnen kann, angespielt."
(zitiert nach der Kritischen Gesamtausgabe, Band 3, Frankfurt am Main, 2008, S.55-56).

Juli 12, 2011

194 Jahre Henry David Thoreau

Zu Henry David Thoreaus diesjährigem Geburtstag der Schluss des längeren Essays "Life without principle", ein Vortrag aus dem Jahr 1854, zuerst veröffentlicht im Atlantic Monthly, Oktober 1863:

"What is called politics is comparatively something so superficial and inhuman, that, practically, I have never fairly recognized that it concerns me at all. The newspapers, I perceive, devote some of their columns specially to politics or government without charge; and this, one would say, is all that saves it; but, as I love literature, and, to some extent, the truth also, I never read those columns at any rate. I do not wish to blunt my sense of right so much. I have not got to answer for having read a single President's Message. A strange age of the world this, when empires, kingdoms, and republics come a-begging to a private man's door, and utter their complaints at his elbow! I cannot take up a newspaper but I find that some wretched government or other, hard pushed, and on its last legs, is interceding with me, the reader, to vote for it,—more importunate than an Italian beggar; and if I have a mind to look at its certificate, made, perchance, by some benevolent merchant's clerk, or the skipper that brought it over, for it cannot speak a word of English itself, I shall probably read of the eruption of some Vesuvius, or the overflowing of some Po, true or forged, which brought it into this condition. I do not hesitate, in such a case, to suggest work, or the almshouse; or why not keep its castle in silence, as I do commonly? The poor President, what with preserving his popularity and doing his duty, is completely bewildered. The newspapers are the ruling power. Any other government is reduced to a few marines at Fort Independence. If a man neglects to read the Daily Times, Government will go down on its knees to him, for this is the only treason in these days.


Those things which now most engage the attention of men, as politics and the daily routine, are, it is true, vital functions of human society, but should be unconsciously performed, like the corresponding functions of the physical body. They are infra-human, a kind of vegetation. I sometimes awake to a half-consciousness of them going on about me, as a man may become conscious of some of the processes of digestion in a morbid state, and so have the dyspepsia, as it is called. It is as if a thinker submitted himself to be rasped by the great gizzard of creation. Politics is, as it were, the gizzard of society, full of grit and gravel, and the two political parties are its two opposite halves,—sometimes split into quarters, it may be, which grind on each other. Not only individuals, but States, have thus a confirmed dyspepsia, which expresses itself, you can imagine by what sort of eloquence. Thus our life is not altogether a forgetting, but also, alas! to a great extent, a remembering of that which we should never have been conscious of, certainly not in our waking hours. Why should we not meet, not always as dyspeptics, to tell our bad dreams, but sometimes as eupeptics, to congratulate each other on the ever glorious morning? I do not make an exorbitant demand, surely."
(nach Anti-Slavery and Reform Papers, London, 1890, S.139-141)

Juli 11, 2011

Rücksicht auf den Massengeschmack

Wie kann man die Volksmassen dazu bewegen, sich zu einer "anarchistischen Vortragsreihe" zu schleppen?
Zwei Stichworte: "Sex" und "Hitler".

Beides im Doppelpack kriegt man denn auch am 20. und 21.7. in Augsburg. Leserinnen und Leser dieses Blogs, die an Sex, Hitler und Anarchie interessiert sind (und wer ist das nicht?) und sich in der Nähe von Augsburg aufhalten, können alles weitere unter folgendem Link erfahren:

Juli 09, 2011

Both kinds of music (60): Clarks und Dillards fantastische Expedition

Bereits ehe die Byrds mit Gram Parsons in Richtung Country abbiegten, hatte Gene Clark, der die Band 1966 verlassen hatte, ein Album mit dem Country-Duo Gosdin Brothers eingespielt, welche wiederum aus der südkalifornischen Bluegrass-Gruppe The Hillmen hervorgegangen war, bei denen auch Byrds-Bassist Chris Hillman als Mandolinist tätig war. Im Verlauf der Aufnahmen zu diesem Album lernte Clark auch den Banjo-Spieler Doug Dillard von den Dillards (vor allem bekannt als die "Darlings" aus der Andy Griffith Show) kennen. Nachdem er im Oktober 1967 für kurze Zeit wieder bei den Byrds tätig war, schloss Clark einen Solo-Vertrag mit A&M ab. Die Aufnahmen zu einem Solo-Album brach er allerdings wieder ab, und spielte stattdessen ein Album mit Dillard ein, das im Oktober 1968 unter dem Titel The fantastic expedition of Dillard and Clark erschien (auch Bernie Leadon, später Gitarrist der Flying Burrito Brothers und der Eagles, und Chris Hillman sind auf dem Album zu hören). Hier der Titel Train leaves here this morning:

Ironischerweise hatte Doug Dillard zuvor die Dillards verlassen, weil diese ihm zuviele Pop-Elemente (Schlagzeug! Streicher!) in ihren traditionellen Bluegrass-Sound aufgenommen hatten - und spielte nun mit einem ehemaligen Pop-Star eine Mischung aus Country, Pop und Rock. 1969 erschien ein zweites Album von Dillard&Clark, auf denen auch die meisten Mitglieder der Flying Burrito Brothers auftreten. Leadon verließ die Band während der Aufnahmen, da Dillard seine Freundin Donna Washburn als Background-Sängerin durchboxte. Das Album Through the morning, through the night war weniger erfolgreich als sein Vorgänger, und Clark verließ die Band um sein erstes wirkliches Solo-Album White Light einzuspielen, das erst 1971 erschien. Hier vom zweiten Dillard&Clark-Album Kansas City Southern und von White Light der Titel Spanish Guitar:


Nach Clarks Ausstieg führte Dillard die Band weiter, die zur Doug Dillard Expedition wurde, und wieder traditionellen Bluegrass spielte, so z.B. bei diesem TV-Auftritt mit dem Instrumental Hickory Holler:

Juli 06, 2011

Hört, hört

Jean-Marie Jacoby, ehemaliger Parteigänger des ADR-Abweichlers Aly Jaerling, notiert heute in der Zeitung vum lëtzebuerger Vollek über das gestrige Parlamentsgeschehen:
"Notieren wir am Ende noch, daß André Hoffmann mitgeholfen hat, eine Motion Kartheiser (adr) einzubringen, mit der u.a. der Regierung Unterstützung für die Bombardierung Libyens zugesichert wird. Warum déi Lénk unter solchen Bedingungen keine technische Fraktion mit dem adr eingeht, kann wohl niemand mehr erklären!"

Juli 05, 2011

Juli 03, 2011

128 Jahre Franz Kafka

Zu Kafkas 128. eine Kurzgeschichte aus dem Nachlass:

Poseidon

Poseidon saß an seinem Arbeitstisch und rechnete. Die Verwaltung aller Gewässer gab ihm unendliche Arbeit. Er hätte Hilfskräfte haben können, wie viel er wollte, und er hatte auch sehr viele, aber da er sein Amt sehr ernst nahm, rechnete er alles noch einmal durch und so halfen ihm die Hilfskräfte wenig. Man kann nicht sagen, daß ihn die Arbeit freute, er führte sie eigentlich nur aus, weil sie ihm auferlegt war, ja er hatte sich schon oft um fröhlichere Arbeit, wie er sich ausdrückte, beworben, aber immer, wenn man ihm dann verschiedene Vorschläge machte, zeigte es sich, daß ihm doch nichts so zusagte, wie sein bisheriges Amt. Es war auch sehr schwer, etwas anderes für ihn zu finden. Man konnte ihm doch unmöglich etwa ein bestimmtes Meer zuweisen; abgesehen davon, daß auch hier die rechnerische Arbeit nicht kleiner, sondern nur kleinlicher war, konnte der große Poseidon doch immer nur eine beherrschende Stellung bekommen. Und bot man ihm eine Stellung außerhalb des Wassers an, wurde ihm schon von der Vorstellung übel, sein göttlicher Atem geriet in Unordnung, sein eherner Brustkorb schwankte. Übrigens nahm man seine Beschwerden nicht eigentlich ernst; wenn ein Mächtiger quält, muß man ihm auch in der aussichtslosesten Angelegenheit scheinbar nachzugeben versuchen; an eine wirkliche Enthebung Poseidons von seinem Amt dachte niemand, seit Urbeginn war er zum Gott der Meere bestimmt worden und dabei mußte es bleiben.
Am meisten ärgerte er sich – und dies verursachte hauptsächlich seine Unzufriedenheit mit dem Amt – wenn er von den Vorstellungen hörte, die man sich von ihm machte, wie er etwa immerfort mit dem Dreizack durch die Fluten kutschiere. Unterdessen saß er hier in der Tiefe des Weltmeeres und rechnete ununterbrochen, hie und da eine Reise zu Jupiter war die einzige Unterbrechung der Eintönigkeit, eine Reise übrigens, von der er meistens wütend zurückkehrte. So hatte er die Meere kaum gesehn, nur flüchtig beim eiligen Aufstieg zum Olymp, und niemals wirklich durchfahren. Er pflegte zu sagen, er warte damit bis zum Weltuntergang, dann werde sich wohl noch ein stiller Augenblick ergeben, wo er knapp vor dem Ende nach Durchsicht der letzten Rechnung noch schnell eine kleine Rundfahrt werde machen können.
(1920, vgl. Gesammelte Werke, 8, S.73-74).

Juli 02, 2011

Both kinds of music (59): Gram Parsons fliegt los

Nur wenige Wochen, nachdem sich Gram Parsons geweigert hatte, an einer Südafrika-Tournee teilzunehmen, verließ auch Bassist Chris Hillman die Byrds. Zurück an der US-Westküste nahm Hillman wieder Kontakt zu Parsons auf und beide beschlossen, eine neue Band ins Leben zu rufen, nachdem sie in Los Angeles mit einigen Musikern gejammt hatten. So entstanden die Flying Burrito Brothers, zu denen neben Hillman (der auf Rhythmusgitarre und Mandoline umstieg) und Parsons auch der Bassist Chris Ethridge und der Pedal Steel-Gitarrist "Sneaky" Pete Kleinow zählten. Einen ständigen Schlagzeuger hatte die Band zunächst nicht; auf dem Debut-Album The gilded palace of sin, das im Februar 1969 erschien, kamen vier verschiedene Drummer zum Einsatz.

Das Debutalbum der Burrito Brothers vermischte Country mit Rock, R&B und Soul. Parsons nannte diesen Mischmasch "cosmic american music" und befand sich damit im Einklang mit der Stimmung der späten 1960er, auch wenn das Album nur ein mäßiger Erfolg war. Auf diesem Album erschien auch der etwas psychedelische Country Rock-Song Christine's tune (Devil in disguise):

Auf Grund des mangelnden Erfolgs verließ Ethridge schon bald die Band und Hillman übernahm wieder die Bass-Gitarre. Als ständiger Drummer wurde schließlich ein dritter Ex-Byrd angeheuert, Michael Clarke, der 1967 von Hillman bei den Byrds gefeuert worden war. Bernie Leadon, ehemaliger Gitarrist von Dillard&Clarke (zu diesen mehr demnächst) und späterer Eagle, verstärkte die Band als zweiter Gitarrist. In dieser Besetzung wurde das zweite Album Hot Burrito eingespielt (das erst im April 1970 erscheinen sollte), auf welchem auch eine neue Jaggers/Richards-Komposition (Parsons war eng mit Keith Richards befreundet) zu finden war: Wild Horses.

Parsons hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits weitgehend vom Rest der Band entfremdet. Die Aufnahmen zu einem dritten Album verliefen sich im Sand und wurden erst 1976 unter dem Titel Sleepless nights veröffentlicht. Das Album bestand weitestgehend aus Cover-Versionen, so z.B. einer hübschen Country-Version von To love somebody von den Bee Gees:


Nachdem er bereits mehrere Wochen auf Grund eines Reitunfalls ausgefallen war, und danach vor allem durch Unzuverlässigkeit auffiel, verließ Parsons im Juni 1970 die Band im gegenseitigen Einverständnis.