Oktober 29, 2011

Both kinds of music (76): Auf der anderen Seite des grossen Teichs

Bereits kurz nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Country-Musik auch in der BRD popularisiert, dort allerdings hauptsächlich im Umkreis der Schlagerszene - überhaupt hat es der deutsche Schlager über die Jahrzehnte immer wieder fertig gebracht, internationale Trends weich gespült zu integrieren, vom Rock'n'Roll (Peter Kraus) über Beat-Musik, Glam Rock, Disco, Reggae, Ska (Geier Sturzflug), bis zu New Wave und Punk in der Neuen Deutschen Welle. Vor allem der belgische Sänger Bobbejaan popularisierte die Mischung aus amerikanischem Country und deutschem Schlager, mit Titeln wie seinem Nummer 1-Hit Ich steh' an der Bar und habe kein Geld (1960). Auch Freddy Quinn übernahm gelegentlich Country-Motive und moderierte später sogar eine Country-Sendung für den Norddeutschen Rundfunk.

In den 1970ern trat eine neue Generation von deutschsprachigen Country-Interpreten auf, von denen der bekannteste wohl Gunter Gabriel ist, der als eine Art deutscher Dave Dudley mit Titeln wie Hey Boss, ich brauch' mehr Geld (1974) den singenden Proleten gab:


Sehr erfolgreich bewegte sich auch die 1973 gegründete Country-Band Truck Stop aus Hamburg im Schlager-Milieu. Im Jahr 1979 erreichte die Band sogar den 2. Platz im nationalen Vorentscheid für den Grand Prix de l'Eurovision mit dem Titel Take it easy, altes Haus:


In Frankreich hingegen entwickelte sich eine eigenständige Country-Szene erst sehr viel später; jedoch waren Übernahmen von amerikanischen Country-Titeln durch französische Chansonniers mit neuen Texten gang und gäbe. Stellvertretend für viele: Joe Dassin mit Salut les amoureux (1972; unschwer als City of New Orleans erkennbar):

20 Jahre ohne Georges Brassens

 
"Je ne me permettrais pas de parler au nom de tous les anarchistes qui sont, par définition, individualistes. Mais la métaphore que je me suis plu à répéter et qui a si souvent été citée, plus ou moins déformée, est: 'Je suis anarchiste au point de toujours traverser dans les clous afin de n’avoir pas à discuter avec la maréchaussée'.

Vous aurez compris que c’est là ma transcription personnelle et pragmatique de l’aphorisme d’Élisée Reclus, adopté fièrement en épigraphe par le journal Le Libertaire: 'L’anarchie est la plus haute expression de l’ordre'. Contrairement à ce que l’on voudrait croire, je me suis très peu intéressé aux grandes doctrines politiques ou philosophiques. D’abord parce qu’un anarchiste ne se mêle pas de politique. (Jamais je n’aurais pu envisager de faire le sot en politique!) Puis, parce que l’une ou l’autre de ces idéologies, entre autres faiblesses, me sont vite apparues chimériques à des degrés divers et que j’ai toujours pensé que, si des éléments d’une doctrine peuvent être valables, l’histoire nous démontre que c’est dans la mise en oeuvre que les choses se gâtent. J’ai également souvent répété que la seule révolution possible est de s’améliorer soi-même en espérant que les autres suivent la même démarche. Aussi, très tôt, j’ai entériné un engagement formel avec la confrérie des philosophes et la corporation des politicologues: je n’interviendrai pas dans leurs champs de juridiction et, en contrepartie, ils s’engageaient à ne pas écrire de chanson. Je peux vous confirmer que nous avons tous intégralement respecté nos serments. (...)

Un anarchiste de contrebande,
Georges Brassens"
(aus einem fiktiven Brief Brassens, der auf realen Aussagen beruht, von der Seite Dialogus - den ganzen Text findet man hier: http://www.dialogus2.org/BRA/lanarchie.html
Mehr über Brassens' individualistischen Anarchismus auch auf dieser informativen Seite:

Oktober 25, 2011

205 Jahre Max Stirner

"Es ist nöthig, noch ein Wort über den Menschen zu sagen. Wie es scheint, ist Stirners Buch gegen den Menschen geschrieben. Dadurch, wie auch durch das Wort Egoist hat er sich die schlimmsten Urtheile zugezogen oder die hartnäckigsten Vorurtheile rege gemacht. — Ja, es ist wirklich gegen den Menschen geschrieben, und gleichwohl hätte Stirner auf dasselbe Ziel losgehen können, ohne die Leute so arg vor den Kopf zu stossen, wenn er die Kehrseite herausgewendet und gesagt hätte: er schreibe gegen den Unmenschen. Nur hätte er dann selbst die Schuld getragen, wenn man ihn in entgegengesetzter, nämlich in sentimentaler Weise missverstanden und in die Reihe derer gestellt hätte, welche für den 'wahren Menschen' ihre Stimme erheben. Stirner aber sagt: Mensch ist der Unmensch, was der eine ist, das ist der andere, was gegen den einen gesagt wird, wird gegen den andern gesagt.
Misst man ein Wesen an einem Begriffe, so wird es niemals diesem Begriffe vollkommen entsprechend gefunden: misst man Dich an dem Begriffe Mensch, so wird sich stets herausstellen, dass Du etwas Apartes bist, etwas, was mit dem Worte Mensch nicht ausgedrückt werden kann, also jedenfalls ein aparter Mensch. Muthete man Dir nun zu, durchaus Mensch und nichts als Mensch zu sein, Du aber könntest dein Apartes nicht abstreifen, so wärest Du durch eben diess Aparte ein Unmensch, d. h. ein Mensch, der nicht wahrhaft Mensch, oder ein Mensch, der eigentlich Unmensch ist. Der Begriff Mensch hätte seine Realität gerade im Unmenschen.
Dass an dem Begriffe Mensch gemessen, jeder wirkliche Mensch ein Unmensch ist, hat die Religion durch den Satz ausgedrückt, dass alle Menschen 'Sünder' seien (das Sündenbewusstsein); heute nennt man den Sünder einen Egoisten. Und wozu entschloss man sich in Folge dieser Einsicht? Dazu, den Sünder zu erlösen, den Egoismus zu überwinden, den wahren Menschen zu finden und zu realisiren. Man verwarf das Aparte, d. h. das Einzige, zu Gunsten des Begriffes, verwarf den Unmenschen, zu Gunsten des Menschen, und erkannte nicht, dass der Unmensch die richtige und allein mögliche Realität des Menschen ist; man wollte durchaus eine wahrhaft menschliche Realität des Menschen.
Man verlangte eben eine Widersinnigkeit. Der Mensch ist real und wirklich im Unmenschen; jeder Unmensch ist — der Mensch. Aber Unmensch bist Du nur als die Realität des Menschen, Unmensch nur im Vergleich mit dem Begriffe Mensch.
Du bist Unmensch, und darum bist Du vollkommen Mensch, realer, wirklicher Mensch, bist vollkommener Mensch. Aber du bist eben mehr als vollkommener Mensch, Du bist ein aparter, ein einziger Mensch. Mensch und Unmensch, diese Gegensätze der religiösen Welt, verlieren ihre göttliche und teuflische, also ihre heilige oder absolute Bedeutung, in Dir, dem Einzigen. Der Mensch, nach dessen Anerkennung unsere Heiligen so sehr schmachten, indem sie allezeit eifern, man solle in den Menschen den Menschen anerkennen, wird erst dann vollständig und wirklich anerkannt, wenn er als der Unmensch anerkannt wird. Wird er als solcher anerkannt, so hören alle religiösen oder 'menschlichen' Zumuthungen auf, und die Herrschaft der Guten, die Hierarchie, hat ein Ende, weil der Einzige, der ganz gemeine Mensch (nicht Feuerbachs tugendhafter 'Gemeinmensch'), zugleich der vollkommene Mensch ist.
Indem also Stirner gegen den Menschen schreibt, schreibt er zugleich und in Einem Athemzuge gegen den Unmenschen, als den Gegensatz zum Menschen; er schreibt aber nicht gegen den Menschen, welcher Unmensch, nicht gegen den Unmenschen, welcher Mensch ist — d. h. er schreibt für den ganz gemeinen Einzigen, der dadurch, dass er Unmensch ist, ohnehin und von selbst vollkommener Mensch ist.
Nur Fromme, nur heilige Socialisten u. s. w., nur Heilige aller Art verhindern, dass der Mensch im Menschen anerkannt und gewürdigt wird; nur sie hemmen den reinen menschlichen Verkehr, indem sie den gemeinen egoistischen Verkehr allezeit eingeschränkt haben und einzuschränken trachten. Sie haben einen heiligen Verkehr eingeführt und möchten daraus wo möglich einen allerheiligsten machen."

Aus: "Recensenten Stirners", in Max Stirner’s Kleinere Schriften und Entgegnungen auf die Kritik seines Werkes: „Der Einzige und sein Eigenthum“ aus den Jahren 1842–1848, 2. erweiterte Auflage, 1914, S.366-368.

Oktober 22, 2011

Both kinds of music (75): Gram Parsons' letzter Höhenflug

1973 erschien das erste Solo-Album von Gram Parsons, drei Jahre nachdem er die Flying Burrito Brothers verlassen hatte. In der Zwischenzeit hatte Parsons die Rolling Stones auf Tour begleitet, lebte eine Zeitlang in der ehemaligen Gestapo-Villa Nellcôte in Villefranche-sur-Mer (Südfrankreich), während die Stones dort Exile on Main Street einspielten, bis er dort (aufgrund quasi ständigem Zugedröhntseins) auf Betreiben Anita Pallenbergs rausflog. Kurz darauf heiratete er Gretchen Burrell in New Orleans, bevor er Mitte 1972 wieder begann, Konzerte zu geben und neue Songs einzuspielen. Dabei lernte er Emmylou Harris kennen, eine aufstrebende Country-/Folk-Sängerin, deren erstes Album gefloppt war. Emmylou Harris wurde alsbald als Background-Sängerin für das erste Solo-Album GP engagiert.  

Nicht auf dem Album erschien der Titel Sin City, den sie in dieser wackeligen Aufnahme im Duett mit Parsons singt:


Im Studio klang das ganze dann wie hier in der Bobby Bare-Coverversion Streets of Baltimore:


Das im Januar 1973 veröffentlichte Album blieb lediglich ein Kritikererfolg, auch die darauf folgende Tour war nicht wirklich der große Renner. Nichtsdestotrotz nahm Parsons schon kurz später ein weiteres Album mit Harris auf, das ihn posthum zur Legende werden ließ: Grievous Angel. Hiervon der Titel In my hour of darkness:

Gram Parsons starb am 19. September 1973 im Alter von 26 Jahren an einer Überdosis Morphin und Alkohol in Joshua Tree, Kalifornien.

Oktober 18, 2011

Vakanz

 
Aus Urlaubsgründen läuft hier in den nächsten zehn Tagen oder so herum weniger als üblich - lediglich Stirnergeburtstag und Both kinds of music sind schon vorprogrammiert. Bis bald!

Oktober 15, 2011

167 Jahre Friedrich Nietzsche


Vom neuen Götzen

Irgendwo gibt es noch Völker und Herden, doch nicht bei uns, meine Brüder: da gibt es Staaten.

Staat? Was ist das? Wohlan! Jetzt tut mir die Ohren auf, denn jetzt sage ich euch mein Wort vom Tode der Völker.
Staat heißt das kälteste aller kalten Ungeheuer. Kalt lügt es auch; und diese Lüge kriecht aus seinem Munde: "Ich, der Staat, bin das Volk."
Lüge ist's! Schaffende waren es, die schufen die Völker und hängten einen Glauben und eine Liebe über sie hin: also dienten sie dem Leben.
Vernichter sind es, die stellen Fallen auf für viele und heißen sie Staat: sie hängen ein Schwert und hundert Begierden über sie hin.
Wo es noch Volk gibt, da versteht es den Staat nicht und haßt ihn als bösen Blick und Sünde an Sitten und Rechten.
Dieses Zeichen gebe ich euch: jedes Volk spricht seine Zunge des Guten und Bösen: die versteht der Nachbar nicht. Seine Sprache erfand es sich in Sitten und Rechten.
Aber der Staat lügt in allen Zungen der Guten und Bösen; und was er auch redet, er lügt – und was er auch hat, gestohlen hat er's.
Falsch ist alles an ihm; mit gestohlenen Zähnen beißt er, der Bissige. Falsch sind selbst seine Eingeweide.
Sprachverwirrung des Guten und Bösen: dieses Zeichen gebe ich euch als Zeichen des Staates. Wahrlich, den Willen zum Tode deutet dieses Zeichen! Wahrlich, es winkt den Predigern des Todes!
Viel zu viele werden geboren: für die Überflüssigen ward der Staat erfunden!
Seht mir doch, wie er sie an sich lockt, die Viel-zu-Vielen! Wie er sie schlingt und kaut und wiederkäut!
"Auf der Erde ist nichts Größeres als ich: der ordnende Finger bin ich Gottes" – also brüllt das Untier. Und nicht nur Langgeohrte und Kurzgeäugte sinken auf die Knie!
Ach, auch in euch, ihr großen Seelen, raunt er seine düsteren Lügen! Ach, er errät die reichen Herzen, die gerne sich verschwenden!
Ja, auch euch errät er, ihr Besieger des alten Gottes! Müde wurdet ihr im Kampfe, und nun dient eure Müdigkeit noch dem neuen Götzen!
Helden und Ehrenhafte möchte er um sich aufstellen, der neue Götze! Gerne sonnt er sich im Sonnenschein guter Gewissen – das kalte Untier!
Alles will er euch geben, wenn ihr ihn anbetet, der neue Götze: also kauft er sich den Glanz eurer Tugenden und den Blick eurer stolzen Augen.
Ködern will er mit euch die Viel-zu Vielen! Ja, ein Höllenkunststück ward da erfunden, ein Pferd des Todes, klirrend im Putz göttlicher Ehren!
Ja, ein Sterben für viele ward da erfunden, das sich selber als Leben preist: wahrlich, ein Herzensdienst allen Predigern des Todes!
Staat nenne ich's, wo alle Gifttrinker sind, Gute und Schlimme: Staat, wo alle sich selber verlieren, Gute und Schlimme: Staat, wo der langsame Selbstmord aller – "das Leben" heißt.
Seht mir doch diese Überflüssigen! Sie stehlen sich die Werke der Erfinder und die Schätze der Weisen: Bildung nennen sie ihren Diebstahl – und alles wird ihnen zu Krankheit und Ungemach!
Seht mir doch diese Überflüssigen! Krank sind sie immer, sie erbrechen ihre Galle und nennen es Zeitung. Sie verschlingen einander und können sich nicht einmal verdauen.
Seht mir doch diese Überflüssigen! Reichtümer erwerben sie und werden ärmer damit. Macht wollen sie und zuerst das Brecheisen der Macht, viel Geld – diese Unvermögenden!
Seht sie klettern, diese geschwinden Affen! Sie klettern übereinander hinweg und zerren sich also in den Schlamm und die Tiefe.
Hin zum Throne wollen sie alle: ihr Wahnsinn ist es – als ob das Glück auf dem Throne säße! Oft sitzt der Schlamm auf dem Thron -und oft auch der Thron auf dem Schlamme.
Wahnsinnige sind sie mir alle und kletternde Affen und Überheiße. Übel riecht mir ihr Götze, das kalte Untier: übel riechen sie mir alle zusammen, diese Götzendiener.
Meine Brüder, wollt ihr denn ersticken im Dunste ihrer Mäuler und Begierden? Lieber zerbrecht doch die Fenster und springt ins Freie!
Geht doch dem schlechten Geruche aus dem Wege! Geht fort von der Götzendienerei der Überflüssigen!
Geht doch dem schlechten Geruche aus dem Wege! Geht fort von dem Dampfe dieser Menschenopfer!
Frei steht großen Seelen auch jetzt noch die Erde. Leer sind noch viele Sitze für Einsame und Zweisame, um die der Geruch stiller Meere weht.
Frei steht noch großen Seelen ein freies Leben. Wahrlich, wer wenig besitzt, wird um so weniger besessen: gelobt sei die kleine Armut!
Dort, wo der Staat aufhört, da beginnt erst der Mensch, der nicht überflüssig ist: da beginnt das Lied des Notwendigen, die einmalige und unersetzliche Weise.
Dort, wo der Staat aufhört – so seht mir doch hin, meine Brüder! Seht ihr ihn nicht, den Regenbogen und die Brücken des Übermenschen? –

Also sprach Zarathustra.
Friedrich Nietzsche, Werke in drei Bänden, München 1954, Band 2, S. 313-316.

Und weil's so schön ist:

Both kinds of music (74): New progressives

Widmeten wir uns vergangene Woche alten Hasen im Bluegrass-Geschäft, die in den 1970ern ihren Stil weiterentwickelten, sind diesmal drei neue Bands an der Reihe, um den Überblick über den sog. Progressive Bluegrass zu vervollständigen.

J.D. Crowe war selber zwar kein ganz neuer im Geschäft (er war in den 1950ern bereits Bandmitglied bei Jimmy Martin), 1973 gründete er aber eine progressive, neue Band: The New South. Hier der Titel Ten degrees and colder (1975), mit dem jungen Gitarristen Tony Rice, der die Band bald verlassen sollte, am Gesang:


Herausragende Vertreter des "neuen" Bluegrass waren die 1971-72 gegründeten New Grass Revival, deren größte Erfolge allerdings erst in den 1980ern kamen. Hier der Titel White Freight Liner Blues vom dritten Album When the storm is over (1977) in einer späteren Live-Aufnahme:

Als dritte Band für heute, die 1971 gegründeten The Seldom Scene aus Bethesda, Maryland mit dem Bob Dylan-Cover It's all over now, Baby Blue (Live-Aufnahme von 1973):

Oktober 14, 2011

Alles klar, Herr Kommissar?

"Wie schon Kommissionspräsident José Manuel Barroso forderte der EU-Binnenmarktkommissar [Michel Barnier], gerade in der Krise müsse Europa auf [sic] seine Unabhängigkeit und Souveränität verteidigen: 'Wir müssen vermeiden, ein Subunternehmen der Chinesen und der Amerikaner zu werden'."
"Drei große Lehren ziehen", Luxemburger Wort vom 14. Oktober 2011.

"Eindringlich warnte Barnier vor einem 'Rückfall in nationales, wenn nicht gar nationalistisches Denken, Protektionismus sowie Populismus'."
"Drei große Lehren ziehen", Luxemburger Wort vom 14. Oktober 2011.


Satire

Die Tochter des früheren EU-Kommissionspräsidenten Jacques Delors, die auch Bürgermeisterin der Stadt Lille, einer der grössten französischen Städte, und frühere Ministerin ist, bezeichnet ihren Opponenten Hollande als "Kandidaten des Systems":

Oktober 13, 2011

141 Jahre Albert Jay Nock

Study in paradoxes

One of the excellent consequences—or should one say compensations? I think not—of advancing age, is in the rapid dwindling of one's sense of responsibility for Burbanking human society into a new and improved form. This exemption comes entirely from within, nor is it the fruit of disappointment and cynicism. It is released largely by observation and experience of how the things that one believes in actually work out. One believes in them as much as ever, and is all on the side of their being lived out. One also has as much faith as ever in the possibilities of the human race. But unforeseen things happen, and they keep happening so often and so decisively, and with such an air of inevitability about them, that before long one becomes aware that the Burbanking business has more to it than one thought. I sometimes remind myself of a friend living in Brussels sixteen years ago, who rushed into her husband's bedroom one morning at the crack of dawn saying, "Here comes the German Army right past the house! Hurry up and and put on your dressing-gown." There was no hurry. For two days and three nights that stream of soldiery moved by without cessation. The German army was no circus-procession.
 
Many matters thus contribute to make our hindsight clearer than our foresight. Viewed by hindsight, some of my most cherished social theories work out in an odd way. For one thing, I am impressed by the ugliness resulting from their operation—freedom and equalitarianism, for instance. I am all for both; yet where liberty and equality most prevail, or are most thought to prevail, the resulting civilization is extremely unlovely. My present habitat in the country is near a seashore resort that thirty years ago rather looked down its nose at Newport's summer society as being an amalgam of the newly-rich. It was somewhat inaccessible; there were transportation difficulties about getting there, which kept the crowds away. At present, anybody with a motor-car or the price of a middling long bus-ride may go there, and everyone goes. I am glad everyone can. The old life of the place was bottomed on a social theory that I utterly disbelieve in and regard as false and vicious. The new life is bottomed on an equalitarian theory that I believe in and subscribe to with all my heart, yet the old life gave rise to an amenity that was pleasing, beautiful and civilizing, and the new life has nothing of it, but is, on the contrary, tawdry and hideous.
 
Thus the moment one goes at applying a social principle flatly, certain compensatory reactions seem to be set up. For instance, I am in favor of having everyone able to read. I believe in the principle of it; I am all for equalitarianism in literacy. Yet when my theory is taken up and measurably put into effect, as it is in this country, just see the result—the quantity-production of a contemptible journalism, a contemptible literature, an unconscionable blatant puffing of both, and a corresponding degradation of literary values, literary tastes, literary habits. Of all the repulsive features of an equalitarian society, its literary feature seems to me the ugliest. I say this advisedly, for of late I have been emulating Bruneseau, and have followed the turbid course of some of the best-selling literature of the day, in books and periodicals, by way of knowing what goes on. My cardinal theory of society as shown by the substance of what I read, has set this course straight towards ignorance and vulgarity, while quantity-production salesmanship in literature—an offshoot of my theory—has succeeded in making ignorance and vulgarity arrogant.
 
Hence it is that one becomes a little circumspect about the imposition one's theories, vi et armis. I have to recognize, with searchings of heart, that the sense of whatever in human society is enviable, graceful and becoming has been bread by a regime so monstrously unjust and flagitious that it had no right ever to exist on earth. I am not speaking now of inanimate cultural legacies in literature and other arts, but of the tone of a people's actual social life. I remember being in a European country before the War, and a friend's saying to me, "Well, here we are, where according to your social creed and mine everything is absolutely wrong, and yet these are the happiest people on earth." There was no doubt about it, they were. I wonder about the effect on their happiness if my friend and I could by magic have conjured their infamous regime suddenly out of existence and replaced it by a hundred-per-cent democracy. I know the one phenomenon of American life on which there is agreement by all foreign critics and observers, is that nobody seems to be happy. Mr. Edison lately said he was not acquainted with anybody who was happy. Personally, my social theories reach far beyond anything that is contemplated by American institutions, since I am an individualist, anarchist, single-taxer and free trader. I think also that the general course of things is in those directions. But whenever I feel inclined to hurry up the course of things, I ask myself how much at home I should feel in a society of my own creating, if I had to create it out of the material at present available.
 
Probably something more than a workable theory is necessary; very likely you have to have a people that knows how to work it. Otherwise you may get a lot of bad by-products. Logically, one would say that as existence becomes mechanically easier, life should become richer and fuller; instead it becomes emptier and poorer, and the more people there are who have access to increased ease of existence, the emptier and poorer it seems to become. The wider the spread of literacy, one would say, the higher should go the level of general intelligence; but it does not work out that way. I have always been a thoroughgoing feminist, strong for the emancipation of women; but while there has been a social gain "in principle" as the diplomats say, through their emancipation, there have been very grave collateral losses which were practically unpredictable. Probably the only way that society can profitably progress is the way it does progress, by the long and erratic ins and outs of trial and error; and blind insistence on any theory, even a sound one, is to little purpose. One may best hang one's theory up in plain sight for any one to examine who is so disposed, and let it go at that. Even if I were in Moscow now, I do not think my wife would get me out in my pajamas at five in the morning to see the Bolshevist theory go by. There is a great deal of it, and it will be a long time on the way; and so I should snooze awhile, shave, dress, get my breakfast, and then repair to my front window and regard it attentively.

(New Freeman, 5. April 1930)

Oktober 09, 2011

Oktober 08, 2011

Both kinds of music (73): King Crimson it ain't, but...

Nicht nur die Country-Musik, auch der Bluegrass, der bis dahin weitestgehend nach dem Motto "Keine Experimente" funktionierte, wandelte sich Anfang der 1970er Jahre. Plötzlich war es möglich, genreuntypische Instrumente wie etwa Klavier oder Schlagzeug zu benutzen, selbst E-Gitarren waren nicht mehr tabu. Eine der ersten Bands, die sich "elektrifizierten" waren alte Bekannte: die Dillards, mittlerweile ohne Doug Dillard. 1970 trat die Band in Hugh Hefners Show Playboy after Dark auf, mit den Titeln Nobody knows, Hey Boys und Hard Times:


Bald wurde der erneuerte Bluegrass-Sound als Progressive Bluegrass bezeichnet. Natürlich war diese Form von "progressive" weit entfernt vom Progressive Rock, jedoch tendierte auch der neue Bluegrass dazu, Stücke durch Instrumentalimprovisationen in die Länge zu ziehen; siehe etwa hier den Orange Blossom Special von John Hartford mit den Dillards (live 1978):


Auch ältere Bands, etwa die bereits seit den 1950ern aktiven Country Gentlemen, modernisierten Anfang der 1970er ihren Stil. Dabei kamen Sachen heraus wie diese nette Version des alten Standards House of the Rising Sun (1973):

Oktober 03, 2011

Nüchterne Ansichten zur Finanztransaktionssteuer (2)

EU will mitkassieren.
Mit einer Steuer auf Finanztransaktionen will die EU-Kommission ab 2014 an den Spekulationen der Banken beteiligt werden.

Titel und Untertitel in der Zeitung vum lëtzebuerger Vollek vom 30. September 2011.

Oktober 01, 2011

Both kinds of music (72): Ein Hippie namens Willie

Inspiriert durch Waylon Jennings wandte sich auch Willie Nelson vom Saubermann-Image des Nashville Sound und wurde zum vielleicht bekanntesten Exponenten des sogenannten Outlaw Country-Stils. Nelson war dabei, wie hier geschildert, einer der erfolgreichsten Songwriter in Nashville, hatte als Solosänger aber lediglich Achtungserfolge vorzuweisen. Den höchsten Charterfolg erreichte er 1969 mit dem Song Bring me sunshine, nämlich Platz 13 der Country-Charts. Hier jedoch ein anderer Titel, um Nelsons Image und Stil in den 1960ern zu charakterisieren: Fräulein vom Album Country Favorites - Willie Nelson Style (1966).


1972 verließ Nelson seine Plattenfirma RCA und zog nach Austin, Texas, wo er in der lokalen Hippie-Szene heimisch wurde. Nelson ließ sich Haare und Bart wachsen und hatte bald einen neuen Plattenvertrag mit Atlantic Records in der Tasche. 1973 erschien als erstes Album im "neuen Look" Shotgun Willie. Darauf war auch der Titel Whiskey River zu finden, hier in einer Live-Aufnahme aus dem darauffolgenden Jahr:


Nach Shotgun Willie folgten zwei Konzeptalben, Phases and Stages (1974) und Red-headed Stranger (1975). Mit letzterem Album schaffte Willie Nelson endgültig den kommerziellen Durchbruch, insbesondere durch den als Single ausgekoppelten Fred Rose-Song Blue eyes crying in the rain: