Februar 26, 2011

Both kinds of music (41): Flanieren nach Mitternacht

Eine Darstellung der Country-Musik der Spätfünfziger wäre sicherlich unvollständig ohne den grossartigen Country-/Pop-Crossoverhit Walkin' after midnight (1957), der die Karriere von Patsy Cline in Gang brachte.

Vor allem die frühen Aufnahmen von Cline waren eher im Honky Tonk-Stil gehalten, dem sie zum Teil auch nach ihren ersten Erfolgen in den Pop-Charts treu blieb, wie z.B. diese Fernsehaufnahme aus dem Jahr 1960 mit  Hank Williams' Signatursong Lovesick Blues zeigt:

Nachdem sie 1960 vom Label Four Star zu Decca und zum Produzenten Owen Bradley wechselte, wandelte sich auch der Stil von Kline hin zum stark orchestrierten Nashville Sound, so etwa im erst posthum veröffentlichten Titel Back in baby's arms (1963):

Patsy Clines Karriere wurde jäh unterbrochen, als sie am 5. März 1963 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam, dies weniger als zwei Jahre nach einem schweren Autounfall, den sie wie durch ein Wunder überlebt hatte.

Februar 25, 2011

88 Jahre Jacob Taubes

Vor kurzem erst hatten wir den wissenschaftlichen Mitarbeiter, diesmal ist der Lehrstuhlinhaber (für Judaistik und Hermeneutik) an der Reihe, der gnostische Rabbiner und jüdisch-paulinische Apokalyptiker Jacob Taubes. Taubes kann man mit gewisser Berechtigung als ein Produkt der Wahlverwandtschaft zwischen jüdischem Messianismus und libertärem Denken bezeichnen, über die Michael Löwy 1988 in seinem Buch Redemption et utopie schreibt (ein Feld, das etwa auch Landauer, Bloch, Benjamin, Kafka, Scholem, Buber und andere mehr umreißt). Ein Anarchist war Taubes allerdings nie, mal ganz abgesehen von seinen "gegenstrebigen" Beziehungen mit Carl Schmitt und Armin Mohler, auch wenn er 1968 einen vom "Infantilismus des 19. Jahrhunderts" befreiten Anarchismus herbeiwünschte - heraus kam aber lediglich der Post-68er "Neoanarchismus", der den im 19. Jahrhundert entstandenen Anarchismus vermittels vulgärmarxistischer Floskeln erst infantilisierte. Außerordentlich ist an Taubes - gemessen an seinen intellektuellen Credentials - wohl die Tatsache, dass er zu Lebzeiten ein einziges Buch veröffentlichte, die 1947er Doktorarbeit Abendländische Eschatologie. Hieraus stammt auch folgender Auszug, der die  imperial-heidnische Kirche des spätrömischen Reiches behandelt:

"Im dritten Jahrhundert gibt es zwei Kultkirchen: die eine besteht aus den christlichen Gemeinden und die andere setzt sich aus den vielen heidnischen Gemeinden zusammen, in denen unter tausend Namen ein und dasselbe göttliche Prinzip verehrt wird. Die heidnische Kultkirche ist es, welche die christliche Kirche angreift. Alle großen Christenverfolgungen, denen später die Heidenverfolgungen genau entsprechen, gehen von der heidnischen Kultkirche aus. Der römische Staat ist daran nur insofern beteiligt, als auch die heidnische Kultkirche zugleich Nation und Vaterland ist. Der Heiland der heidnischen Kultkirche ist der Kaiser. Der Kaiser ist der Messias aller Synkretisten. Der römische Staat wandelt sich in eine Kirche und der Herrscher in einen Khalifen, der nicht ein Gebiet regiert, sondern vor allem Gläubige beherrscht. Auch im römischen Staat wird im dritten Jahrhundert die Rechtgläubigkeit Voraussetzung wirklicher Staatsangehörigkeit.

Gegen Ende des dritten Jahrhunderts erhebt Diocletian den Mithras zum henotheistischen Reichsgott. Die Priester der synkretistischen Kultkirche unterscheiden sich, seelisch wenigstens, um nichts von den christlichen. Seit dem Kommentar des Poseidonios zum platonischen Timaios ist diese platonische Schrift die Bibel der Synkretisten. Numenios überträgt auf Plato einfach das Amt des christlichen Gottessohnes. Die Göttergestalten des platonischen Timaios verwandeln sich zu gnostisch phantastischen Wesen. Die okzidentale Spekulation ist eingetaucht in die dunklen Fluten orientalischer Mystik. Mit der kabbalistischen Ausdeutung des Timaios bereitet Numenios den Neuplatonismus vor, der mehr als eine Philosophenschule sein will. Proklos ist ein echter Kirchenvater, der in Träumen Erleuchtungen über eine schwierige Textstelle empfängt und der, außer den chaldäischen Orakeln und Platons Timaios, die für ihn kanonisch sind, alle Schriften vernichtet sehen will. Seine Hymnen sind Zeugnisse der Zerknirschung eines echten Eremiten. Die Angst vor der Sünde, das Ringen mit der Versuchung, die tiefe Zerknirschung über die eigenen Schlechtigkeit erinnern aufs lebhafteste an den Seelenzustand manches christlichen Eremiten. Hierokles vergleicht den neuen pythagoräischen Magier Apollonios von Tyana mit Christus, und sein Moralbrevier für Gläubige der neuen pythagoräischen Gemeinschaft läßt sich nur schwer von einem christlichen unterscheiden. Bischof Synesios wird von einem neuplatonischen zu einem christlichen Kirchenfürsten, ohne daß eigentlich eine Bekehrung stattfindet, er behält auch seine Theologie bei und ändert nur die Namen. Asklepiades schreibt ein umfassendes Werk über die Gleichheit sämtlicher Theologien. Es gibt heidnische so gut wie christliche Evangelien und Heiligenleben. Zwischen diesen Schriften, die mit einem Gebet anfangen und schließen, besteht eigentlich gar kein Unterschied. Ähnlich wie Paulus bezeichnet Porphyrios als die vier göttlichen Elemente: Glaube, Wahrheit, Liebe und Hoffnung. Was Origenes für die christliche Kirche bedeutet, ist Plotin für die heidnische Kirche. Koch hat es wahrscheinlich gemacht, daß Origenes und Plotin Schüler von Ammonios Sakkas sind. In Plotin laufen die Linien griechischer Philosophie und gnostischer Spekulation zusammen, die von da an geeint im Neoplatonismus weiterfließen.

Der größte Nachfolger Plotins, Jamblich, entwirft um 300 für die heidnische Kultkirche das System einer orthodoxen Theologie und einer priesterlichen Hierarchie mit strengem Ritual. Das persönliche, religiöse Erlebnis tritt zurück zu Gunsten einer mystischen Kirche mit Weihungen, peinlicher Kulterfüllung, mit einem der magischen Handlung verwandelten Ritus, mit einem Klerus. Ein orthodoxer Fanatismus durchweht dieses System, und es kündigt sich darin schon die neue Zeit an, die durch den Versuch Julians charakterisiert ist. Julian will die heidnische Kirche für alle Ewigkeit aufrichten. Es ist falsch, den Versuch Julians als ein vereinzeltes Unternehmen darzustellen. Julian hat nur das Programm Jamblichs durchgeführt. Jamblich wird von Julian unmittelbar in die Nähe Platons gerückt und so als kanonisch erklärt. Viele der Inschriften zu Ehren Julians lassen sich kaum anders übersetzen als: es ist nur ein Gott und Julian ist sein Prophet. Nur darum kann die römisch-katholische Kirche in den Organismus des römischen Reiches hineinwachsen, weil das heidnische Römische Reich im dritten Jahrhundert selbst eine Kirche ist."
nach der Ausgabe Berlin 2007, S.106-108. Die Literaturverweise habe ich weggelassen.

Taubes ist übrigens nicht der einzige "Gnostiker", der an einem 25. Februar geboren wurde. Auf den Tag genau 20 Jahre später kam in Liverpool ein Mystiker auf die Welt, dessen Texte Taubes wohl vertraut vorgekommen haben mögen:

Februar 24, 2011

Im Zelt mit Gaddafi

Der Tagesspiegel bringt eine Bilderstrecke mit Gaddafi und Gästen: "Im Zelt mit Gaddafi".
Um ein Haar hätte mich dieses Schicksal im Jahre 2000 auch ereilt, ich habe es dann aber doch vorgezogen, zu Hause zu bleiben...

"Libertarian Unionism"?

Ein Economist-Kolumnist entdeckt seine Liebe für die urliberale Institution der Gewerkschaften des Privatsektors (gegen die gerade in Wisconsin demonstrierenden Gewerkschaften des öffentlichen Sektors):
"The right of workers to band together to improve their bargaining position relative to employers is a straightforward implication of freedom of association, and the sort of voluntary association that results is the beating heart of the classical liberal vision of civil society. I unreservedly endorse what I'll call the 'unionism of free association. My difficulty in coming out wholeheartedly for private-sector unions as they now exist is that they are, by and large, creatures of objectionable statutes which have badly warped the labour-capital power dynamic that would exist under the unionism of free association."
(weiter hier).

Ausführlich zitiert wird dabei Kevin Carsons Kritik der gegenwärtigen gesetzlichen Beschränkungen des Gewerkschaftswesens in den USA, anknüpfend an dessen Wobbly-genährte Studie "Labor Struggle: A free market model", die mit dem Satz endet: "You people who have whined about 'class warfare' for so long will get a taste of what class war is really all about, when the other side starts fighting back for a change." Irgendwie fällt es mir schwer zu glauben, dass das die neue Economist-Linie ist. On verra.
Währenddessen mobilisieren die realexistierenden Industrial Workers of the World in Wisconsin für den Generalstreik gegen Walker.

Februar 23, 2011

Na, die Frage musste ja kommen...

Titel auf Slate.fr:

Plus ça change, plus c'est la même m...

Februar 19, 2011

Both kinds of music (40): Historesken

Johnny Horton, anfangs eher ein Honky Tonk-, dann ein Rockabilly-Sänger, mit Titeln wie Honky Tonk Man (1956) und dem Cherokee Boogie (1959)...


...löste 1959/60 einen seltsamen Trend aus: Sogenannte "saga songs", mehr Folk als Country, die historische Ereignisse aus der US-amerikanischen Geschichte, insbesondere des Unabhängigkeits- und des Sezessionskriegs zum Thema hatten und alte, historische Weisen mit neuen Titeln vermischten. So behandelte Hortons erster großer Erfolg in diesem Feld, The Battle of New Orleans (1959) die Verteidigung von New Orleans durch die Truppen Andrew Jacksons gegen die britischen Invasoren. Dass Horton dabei eine Biberfellmütze trug, wie der Held der damals äußerst populären TV-Serie Davy Crockett, mag zum Erfolg des Titels beigetragen haben.


Ein weiterer Erfolg war 1960 North to Alaska über den Goldrausch, auch Titelsong des gleichnamigen Films mit John Wayne und Stewart Granger:


Johnny Horton starb am 5. November 1960 an den Folgen eines Verkehrsunfalls. Hortons Ehefrau Billie Jean Jones, deren zweiter Ehemann Hank Williams am Neujahrstag 1953 einem Herzstillstand erlegen war, wurde damit im Alter von nur 28 Jahren zum zweiten Mal Witwe.

Februar 16, 2011

157 Jahre William Charles Owen

Gleich drei Geburtstage sind heute anzuzeigen: der französische Romancier und Anarchist Octave Mirbeau, Bakunins Mitstreiter James Guillaume und der amerikanische Individualanarchist und Teilnehmer an der mexikanischen Revolution William Charles Owen. Folgerichtig habe ich mich für einen Text des obskursten der drei Autoren erschienen, einen Beitrag von Owen aus Emma Goldmans Zeitschrift Mother Earth.


Stray thoughts
by Wm. C. Owen

A time-honored Latin proverb has it that when war breaks out the voice of law grows silent. I am certain that in politics the voice of truth is drowned by clamorous bids for votes, and it does not seem to matter what politics they are. Here is the Socialist party, for example. If Socialism means anything it is that collectivist ownership for use shall take the place of private ownership for profit. There can be no doubt of this, and modern Socialist literature is to a great extent one song of triumph over the extent to which private enterprise is being driven to the wall. Yet here, in California, the party's candidate for governor, touring the State in a much advertised red car, kept assuring the farmer that Socialism, while freeing them from the transportation and money sharks, will leave them in possession of their private farms, to be worked, as now, for private benefit. A desperate effort of my own to set this matter straight almost produced a riot, and never can I find anything but violent contradiction when I tell Socialists they belong to a governmental party. Nevertheless, in a recent number of the Appeal to Reason I find this editorial answer to a question as to what is to be done if the capitalists should decide on a general lock-out: "If they were to close the shops it would be as good a thing as we could ask. Then, under the plea of emergency, we could take possession of the shops and set all the wheels to moving at once under GOVERNMENTAL MANAGEMENT." To fish for votes by repudiating your party's cardinal principle seems to me at once the most despicable and suicidal of policies.

* * *
My own experience with the rank and file of the Socialist party is that intellectually it has not the remotest conception of where it is actually at, but that all its aspirations are toward Anarchism. Invariably private conversation with members brings out the declaration that all they want is equality of opportunity, and that the less government they have the better. But let us not deceive ourselves. That may be the aspiration of the proletarian, sick to death of the authoritarianism he learns from the policeman's club, but it is not the aspiration of the preachers and lawyers who have crowded into the party and are doing- nearly all its talking, because talking is their trade. Almost invariably the preacher's ruling passion is to lay down the law for others to obey; almost invariably the lawyer longs to regulate the lives of others; and such leaders naturally seek to form a centralized society, of which they shall be directors.

* * *
In Los Angeles the Single Taxers are trying to resurrect themselves, and surely, there was never time or place wherein they should be more alive. To boom the natural resources of the country, thereby attracting immigration; to shear such immigration to the skin by continuously raising the admission price to those monopolized resources — this has been the game played unceasingly by the moneyed class since the city passed out of the village stage. Never was it played so relentlessly, however, as at present, for we have entered on an era of frenzied municipal enterprise, anticipating the rush of labor that will come with the completion of the Panama canal. Millions are being spent, south of the city, on harbor improvements, and land speculators gloat daily over the real estate ticker as it records the advanced value of their holdings. North of the city gigantic sums are being invested by the municipality in the development of water, and a group of land cormorants is becoming multi-millionaires.

* * *
Los Angeles is of interest to the great world of social agitation only as she points a moral and exemplifies a principle. It is because she illustrates with unusual clearness how rotten is the sham of public ownership and operation, while land monopoly remains intact, that I give her, and her Single Tax club, publicity. This craze for municipal improvements is the undercurrent of the Socialistic tide, and it is crushing us with bureaucracy and land speculation; digging the gulf between Dives and Lazarus wider and deeper than it was ever dug before. If they could wrench themselves free from what seem to me side issues, the Henry George men might do noble work. As it is, their "cat" has been smothered out of sight and hearing. 
Mother Earth. Monthly Magazine Devoted to Social Science and Literature, vol. VI, No. 1, März 1911, S.25-26.

Februar 14, 2011

You've come a long way, baby

...obwohl, von der Tendenz her geht es zweimal gegen Gleichheit:

Norbert W. Bolz, 1976:
"[Zitat Dickens:] 'So hell und fröhlich alles schien, es war dennoch etwas Schwermütiges in diesen langen, verlassenen Straßen, aus denen, wie aus seelenlosen Körpern, der gewohnte Rhythmus und Ausdruck entwichen war, nur eine totale Gleichförmigkeit zurücklassend, die sie alle einander gleichmachte'.
Solche Gleichförmigkeit ist das Produkt der leblosen Mechanik des Kapitalismus, der jedes Alltagsschicksal bis zur Unausweichlichkeit präformiert. Gleichheit, die einmal revolutionäre Forderung des Bürgertums, wird zu einer vor dem Tod und der minimalsten Bedürfnisse - und nur dies bietet der kapitalistische Staat: 'das Existenzminimum zum Leben, und das Schlachtfeld für den Tod' [Max Weber, Gesammelte politische Schriften, 3. Auflage, Tübingen, 1971, S.268]. In diesem Geiste hat Max Weber 'die absolut unentrinnbare Gebanntheit unserer ganzen Existenz (...) der schicksalsvollsten Macht unseres modernen Lebens: dem Kapitalismus' [Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie, I, fünfte Auflage, Tübingen, 1963, S.3f.] angelastet. Schicksalhaft ist der Gang kapitalistischer Rationalität, die blinde Logik der Kapitalexpansion und der erbarmungslose Primat von Rentabilität."
Geschichtsphilosophie des Ästhetischen. Hermeneutische Rekonstruktion der "Noten zur Literatur" Th. W. Adornos, Diss. FU Berlin, 1976, S.495.

Norbert Bolz, 2009 [das mittige Dabbeljuh gab der Autor in den 1980ern irgendwann auf]:
"Das typisch antibürgerliche Ressentiment des Intellektuellen entsteht durch das Ungleichgewicht von Status und Einkommen.
Die Geburt des Linksintellektuellen aus dem Hass auf den erfolgreichen Bürger - wir konnten das in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts noch einmal miterleben. Seine Gefühlswelt ist geprägt von der Denunziation der Leistung, des Erfolgs, der Exzellenz und der Dämonisierung des Wettbewerbs und des Profitmotivs. Jede Wirtschaftskrise wird hier dankbar aufgenommen, um den Untergang des Kapitalismus anzusagen und im Namen der Menschheit Gerechtigkeit als Gleichheit zu fordern. Doch hinter der Gleichheitspredigt steckt die Rachsucht (...)."
Diskurs über die Ungleichheit. Ein Anti-Rousseau, München, 2009, S.29.

Mir dünkt, der Autor spricht (auch) über sich selbst...
Eine ironische Analogie hierzu findet man übrigens in der jungbolzschen Sicht des stalinisierten Lukács, der ein "Autodafé des eigenen Frühwerks" abgeliefert habe: "die 'Zerstörung der Ver[n]unft' gerät Lukács ungewollt zur Autobiographie (...)." (Geschichtsphilosophie des Ästhetischen..., S.248).

Februar 13, 2011

Dialektik der Gentrifizierung

Sogar der Economist widmet "Liebig 14" einen Artikel (Ausgabe vom 12. Februar) und sieht in den verbliebenen alternativen Milieus die unfreiwilligen Geburtshelfer der selben "Gentrifizierung", die sie bekämpfen:

"For a city fed up with being 'poor but sexy' this [die Gentrifizierung] is not all that bad. Its future depends on attracting clever creative types who are not averse to designer coffee. Even the romantics of Liebig 14 play their part, seeding neighbourhoods with colour and creativity. They are unwilling 'pioneers of gentrification', says Mr Kuhn. These worries may now go mainstream (...). Nobody wants another Prenzlauer Berg, a region north of of Friedrichshain that Mr Schulz calls a high-income 'monostructure'. Berlin needs niches for mini-Utopias but does not know how to protect them. Unless it does, the city will be richer, but duller."

Februar 12, 2011

Both kinds of music (39): A hard rockin' woman

Ehe wir uns langsam aber sicher an die Sechziger heranschleichen, heute nochmal eine Rückkehr zum Rockabilly, genauer zur Queen of Rockabilly, Wanda Jackson. Entdeckt wurde die 1937 geborene und heute noch tourende Wanda Lavonne Jackson durch den Western Swing-Bandleader Hank Thompson. Mit dessen Sänger Billy Gray sang die 16jährige 1954 ihren ersten Hit (No. 8 in den Country-Charts) ein: You can't have my love.


Ab 1956 orientierte sich Jackson eindeutiger zum Rockabilly-Stil, den sie letztlich verkörperte wie sonst kaum jemand, mit Titeln wie z.B. Hard Headed Woman, hier in einer TV-Aufnahme von 1958:


Nichtsdestotrotz blieb Jackson zugleich auch der Country-Musik treu, von frühen Titeln wie Wasted (1956) bis zu ihrer "christlichen Phase" in den 1970ern.

Februar 09, 2011

Mit Marx gegen Merkel?

Frank Bertemes, Eisenbahnergewerkschaftler und berüchtigter Vielschreiber, erregt sich im heutigen Tageblatt gegen den deutsch-französischen "Pakt für Wettbewerbsfähigkeit", der eine europäische Wirtschaftsregierung propagiert, Eingriffe in Lohngestaltung, Abschaffung des Index und "Schuldenbremse" nach deutschem Vorbild inklusive, und droht mit einem kommenden Aufstand:
"Und das werden wir, die Gewerkschaften, das arbeitende Volk, das tumbe Wahlvolk in den Augen gewisser Kreise, (...) uns (...) nicht mehr weiter bieten lassen.
Es gibt eben auch Grenzen der Geduld. Und Grenzen des neoliberalen, kapitalistischen Wachstums.
Denn, so Marx in seinen Theorien über den Mehrwert: "Die ganze Weisheit unserer Staatsmänner läuft auf eine große Übertragung von Eigentum von einer Klasse von Personen auf eine andere hinaus."
In dem Sinne nein, Monsieur Sarkozy und Frau Merkel! No! Game over!"
Nun ist das von Bertemes gebrachte "Marxzitat" etwas verwirrend an dieser Stelle, da dort keineswegs von den Grenzen des Wachstums (unabhängig davon ob dieses neoliberal, kapitalistisch oder sonstwie gestaltet ist) die Rede ist, noch von Wettbewerbsfähigkeitspakten und europäischen Wirtschaftsregierungen - vielmehr könnte man das Zitat als eine Absage an eine sozialdemokratische Umverteilungspolitik (die, wenn ich mich nicht irre, doch auch der Autor vertritt) verstehen, in etwa: Statt einer Erhöhung des Spitzensteuersatzes, Expropriation der Expropriateure!
Keines von beiden stimmt, wie ein Nachschlagen in den Theorien über den Mehrwert zeigt (Dritter Band der zweiten Auflage der Kautsky-Ausgabe, Stuttgart 1910, S.368). Tatsächlich stammt das vermeintliche Marx-Zitat nicht mal von Marx, vielmehr zitiert Marx in einer Fußnote zustimmend den obskuren "ricardianischen Sozialisten"/Tory-Demokraten "Piercy Ravenstone", der von Sraffa als Richard Puller, Sohn des Leiters der South Sea Company, identifiziert wurde. Wenn man das Zitat im Zusammenhang liest, wirkt es im Kontext von Bertemes' Artikel noch abstruser, setzt Marx doch eine Aussage von "Ravenstone" voran, die gerade das Prinzip selbst der Staatsschuld als absurd deklariert:
"Indem sie vorgeben, die Ausgaben der Gegenwart der Zukunft zuzuschieben; indem sie behaupten, daß man die Nachkommenschaft belasten kann, um die Bedürfnisse der heutigen Generation zu befriedigen, behaupten sie das Absurde, daß man konsumieren kann, was noch nicht besteht, daß man von Lebensmitteln leben kann, ehe deren Samen in die Erde gesät worden sind." (S.367-368)
Man merke also noch einmal: Marx war kein Keynesianer. Hätte er im Gegenzug eine "Schuldenbremse" begrüsst? Nein, denn bekanntlich: "Wenn die Demokraten die Regulierung der Staatsschulden verlangen, verlangen die Arbeiter den Staatsbankrott."
Oder, zitiert Marx an anderer Stelle (S.313) Ravenstone:
"Ein Gutes hat das Schuldensystem, obgleich es dem alten Landadel einen großen Teil seines Eigentums raubt, es überträgt ihn an jene neumodischen Hidalgos als eine Belohnung für ihre Geschicklichkeit in den Künsten des Betrugs und der Unterschlagung. Wenn es Betrug und Gemeinheit fördert, Charlatanerie und Anmaßung in das Gewand der Weisheit kleidet, wenn es ein ganzes Volk in eine Nation von Börsenspekulanten verwandelt... wenn es alle Vorurteile des Ranges und der Geburt niederreißt und Geld zum einzigen Unterscheidungsmerkmal unter den Menschen macht... so zerstört es die Ewigkeit des Eigentums."
(Den englischen Originaltext Ravenstones findet man auf marxists.org. Achtung: Antisemitismus!)

Februar 07, 2011

Monday Evening Motivator



Mit Gruß und Dank an JayJay und seinen Metal Mayhem.

Februar 06, 2011

147 Jahre John Henry Mackay

Zum zweiten Mal gedenke ich John Henry Mackay, dem deutsch-schottischen Popularisierer des Individualanarchismus, der zu Lebzeiten (1964-1933) auch ein durchaus erfolgreicher Romanautor und Dichter war. Einer der bekannteren Romane Mackays ist der zum Teil autobiographische Text Die Anarchisten: Kulturgemälde aus dem späten 19. Jahrhundert, zuerst 1891 in Zürich erschienen, in welchem Mackay seine Erfahrungen mit den anarchistischen Milieus im London der späten 1880er verarbeitet. Hier die Einleitung des Romans (nach der "Volksausgabe" 1893, S.XIII-XVI):

Einleitung
 
Das Werk der Kunst hat für den Künstler zu sprechen, der es schuf; die Arbeit des betrachtenden Forschers, welcher hinter ihr zurücktrat, erlaubt ihm zu sagen, was ihn trieb, sich zu äußern.
Der Vorwurf der Arbeit, die ich vollende, erlaubt mir nicht nur, sondern verlangt von mir, sie mit einigen Worten zu begleiten.
*
Zuvor das Eine: wer mich nicht kennt und in den folgenden Blättern etwa sensationelle Enthüllungen in der Art jener verlogenen Spekulationen auf die Urtheilslosigkeit des Publikums erwartet, aus welchen dieses seine ganze Kenntniß der anarchistischen Bewegung schöpft, der gebe sich nicht die Mühe, über diese erste Seite hinaus zu lesen.
Auf keinem Gebiet des sozialen Lebens herrscht heute eine heillosere Verworrenheit, eine naivere Oberflächlichkeit, eine gefahdrohendere Unkenntniß, als auf dem des Anarchismus. Die Aussprache des Wortes schon ist wie das Schwenken eines rothen Tuches – in blinder Wuth stürzen die Meisten auf dasselbe los, ohne sich Zeit zu ruhiger Prüfung und Ueberlegung zu lassen. Sie werden auch dieses Werk zerfetzen, ohne es verstanden zu haben. Mich werden ihre Stöße nicht treffen.
*
London und die Ereignisse des Spätjahres 1887 haben mir als Hintergrund meines Gemäldes gedient.
Als ich im Anfang des darauf folgenden Jahres noch einmal für einige Wochen auf den Schauplatz zurückkehrte, hauptsächlich um meine East-End Studien zu vervollständigen, ahnte ich nicht, daß gerade die von mir zu eingehenderer Schilderung gewählte Gegend durch die Frauenmorde Jack »des Aufschlitzers« bald nachher in aller Munde sein würde.
Das Kapitel über Chicago wurde nicht abgeschlossen, ohne daß ich auch das dicke Bilderbuch für große Kinder, mit dem seitdem der Polizeikapitän Michael Schaack den infamen Mord seiner Regierung zu rechtfertigen suchte: "Anarchy and Anarchists" (Chicago, 1889), einer Durchsicht unterzogen hätte. Es ist Nichts weiter, als ein – nicht unwichtiges – Dokument stupider Brutalität sowohl, wie raffinirter Eitelkeit.
Die Namen von Lebenden sind von mir in bewußter Absicht nirgends genannt; der Näherstehende wird trotzdem fast überall unschwer die Züge erkennen, die mir Vorbilder gewesen sind.
*
Zwischen der Niederschrift des ersten und des letzten Kapitels liegen drei Jahre. Immer neu auftauchende Zweifel zwangen mich immer wieder, oft auf lange hinaus, zur Unterbrechung der Arbeit. Ich begann sie vielleicht zu früh; zu spät beende ich sie nicht.
Nicht jede Seite der Frage konnte ich erschöpfen; meist war es mir nicht vergönnt mehr zu geben, als die Schlußsätze oft langer Gedankenreihen. Die völlige Unvereinbarkeit anarchistischer und kommunistischer Weltanschauung, die Zwecklosigkeit und Schädlichkeit gewaltsamer Taktik, sowie die Unmöglichkeit irgend einer "Lösung der sozialen Frage" durch den Staat hoffe ich bewiesen zu haben.
*
Das neunzehnte Jahrhundert hat die Idee der Anarchie geboren. In seinen vierziger Jahren wurde der Grenzstein zwischen der alten Welt der Knechtschaft und der neuen der Freiheit gesetzt. Denn es war in diesem Jahrzehnt, daß P. J. Proudhon die titanische Arbeit seines Lebens mit: "Qu'est-ce que la propriété?" (1840) begann und Max Stirner sein unsterbliches Werk: "Der Einzige und sein Eigenthum" (1845) schrieb.
Sie konnte vergraben werden unter dem Staube zeitweiligen Rückschrittes der Kultur. Aber sie ist unvergänglich.
Sie ist bereits wieder erwacht.
Seit zehn Jahren kämpft in Boston, Mass., mein Freund Benj. R. Tucker mit der unbesieglichen Waffe seiner "Liberty" für Anarchie in der neuen Welt. Oft habe ich in den einsamen Stunden meiner Kämpfe meinen Blick auf das funkelnde Licht gerichtet, das von dort aus die Nächte zu erhellen beginnt ...
*
Als ich vor nun drei Jahren die Gedichte meines "Sturm" der Öffentlichkeit übergab, begrüßten mich freundliche Stimmen als den "ersten Sänger der Anarchie".
Ich bin stolz auf diesen Namen.
Aber ich bin zu der Ueberzeugung gelangt, daß es heute nicht so sehr darauf ankommt, Begeisterung für die Freiheit zu erwecken, als vielmehr von der unbedingten Nothwendigkeit ökonomischer Unabhängigkeit, ohne welche sie ewig der wesenlose Traum der Schwärmer bleiben wird, zu überzeugen.
In diesen Tagen der wachsenden Reaktion, die in dem Siege des Staats-Sozialismus ihren Höhepunkt erreichen wird, ist die Forderung unabweisbar für mich geworden, hier auch der erste Verfechter der anarchistischen Idee zu sein.
Ich hoffe, ich habe meine letzte Lanze für die Freiheit noch nicht gebrochen.

Rom, im Frühjahr 1891

Bonus: Eine weitere Vertonung eines Mackay-Gedichtes durch Richard Strauss: Verführung, gesungen vom Tenor Peter Anders, begleitet von den Berlinern Philharmonikern unter Wilhelm Furtwängler (1942).

Februar 05, 2011

Both kinds of music (38): Keine Experimente

Die 1950er gelten gemeinhin als "goldenes Zeitalter" der Bluegrass-Szene. Stilistisch entwickelte sie sich gegenüber den in den 1940ern gelegten Grundlagen nur wenig, jedoch expandierte die Szene und zahlreiche neue Interpreten gesellten sich zu den "Gründervätern" wie Bill Monroe, Lester Flatt, Earl Scruggs und den Stanley Brothers
Jimmy Martin (nicht zu verwechseln mit dem Luxemburgischen Schlagersänger oder dem Gitarristen von Faith no more), der selbsternannte King of Bluegrass, begann, wie viele andere Bluegrass-Interpreten, seine Karriere 1949 als Mitglied von Monroes Bluegrass Boys, bevor er sich einige Jahre später mit Monroe überwarf. Zunächst spielte er einige Titel mit den Osborne Brothers (die erst im Laufe des Bluegrass-Revivals der postpsychedelischen Spätsechziger größere Bekanntheit erlangten) ein, bevor er 1955 seine eigene Band, die Sunny Mountain Boys, gründete. Mit diesen nahm er auch den folgenden Titel auf: Ocean of Diamonds (1958):

Ein weiteres Bruderpaar (neben den Osborne-, Stanley-, Louvin-Brüdern usw.) waren Jim & Jesse McReynolds aus Carfax, Virginia, hier mit dem Hank Williams-Cover Let the spirit descend (1959):

Kein Brüderpaar, aber doch eins der erfolgreicheren Bluegrass-Duos der 1950er und frühen 1960er, waren Don Reno und Red Smiley, zum Beispiel mit dem Song I'm the talk of the town (1953, hier in einer TV-Aufnahme von 1957):

Februar 03, 2011

102 Jahre Simone Weil


Zum diesjährigen Geburtstag ein Artikel mit "Aktualitätsbezug" (wenn man so will): es geht um Unruhen in Tunesien, genauer um einen Bergarbeiterstreik in der Region Gafsa, der von der französischen Volksfront-Regierung brutal niedergeschlagen wurde. Am Ende waren 17 Tote unter den Arbeitern zu beklagen. Simone Weil schreibt hierzu in der März-Ausgabe der Feuilles libres de la Quinzaine des Jahres 1937:

Le sang coule en Tunisie

« Du sang à la une » dans les journaux ouvriers. Le sang coule en Tunisie. Qui sait ? On va peut-être se souvenir que la France est un petit coin d'un grand Empire, et que dans cet Empire des millions et des millions de travailleurs souffrent ?
Le Front populaire est au pouvoir depuis trois quarts d'année, mais ou n'a pas encore eu le temps de penser à eux. Que des métallos de Billancourt sont en difficulté, et une délégation va trouver le président du conseil ; il se dérange pour aller haranguer les gars du bâtiment ; il prépare un beau discours par radio tout exprès pour les fonctionnaires qui grognent. Mais les millions de travailleurs qui souffrent, s'épuisent et désespèrent dans toute l'étendue de l'Empire français, on les avait oubliés. Tous, nous les avions oubliés.
Nous avions, il est vrai, d'excellentes raisons pour ne penser à eux.
D'abord ils sont loin. Chacun le sait, l'importance des problèmes et des hommes, la gravité des injustices, l'intensité des souffrances diminuent en raison de la distance. Qu'un homme peine sous les coups, extenué par la faim, tremblant devant ses chefs, du moment que cela se passe en Indochine, l'injustice est moins criante que lorsqu'un métallo de Javel n'obtient pas ses 15 %, ou un fonctionnaire l'abolition des décrets-lois.Il y a là un phénomène dont on pourrait chercher à établir mathématiquement la formule; sans doute, comme pour l'attraction, s'agit-il d'une variation inversement proportionelle au carré de la distance. L'éloignement diminue le poids des faits d'injustice et d'oppression sur nos esprits, de la même manière qu'il influe pour la pesanteur des objets.
D'ailleurs ces gens-là - jaunes, noirs, « bicots » - ne sont pas de la même espèce que nous. Ils ne sont pas faits comme nous. Eux, ils ont l'habitude de souffrir et de s'asservir. C'est bien connu. Depuis le temps qu'ils crèvent de faim et sont dépourvus de tous droits, ils s'y sont accoutumés. La meilleure preuve, c'est qu'ils ne se plaignent pas. Ils se taisent, donc ils sont contents. Au fond, ils sont faits pour la servitude. Ils ont un caractère servile. Sans quoi ils résisteraient.
Il y en a bien quelques-uns qui résistent, mais ceux-là, c'est une poignée de « meneurs », d'« agitateurs »,  des excités, vraisemblablement manoeuvrés par Franco et Hitler, et à l'égard de qui on ne peut employer que des mesures de force, comme la dissolution de l'Étoile Nord-Africaine.
Au reste, la tragédie de ces gens-là n'a rien de spectaculaire. Du moins c'était le cas jusqu'au dernier incident. Des fusillades, des massacres, ce sont des choses qui parlent à l'imagination, qui font sensation, qui font du bruit. Mais les larmes versées en silence, les désespoirs muets, les révoltes refoulées sous la pression de la contrainte, la résignation accablée, l'épuisement, la mort lente - est-ce que cela compte ? Les gosses tués sous les bombes à Madrid provoquent un frisson d'indignation et de pitié. Mais tous les petits de dix ou douze ans, affamés et surmenés, qui ont péri d'épuisement dans les mines indochinoises, nous n'avons jamais pensé à eux, eux dont notre pays a la responsabilité directe. Ils sont morts sans que leur sang coule. De pareilles morts ne comptent pas; ce ne sont pas de vraies morts.
Sans doute, jamais personne de nous n'a exprimé publiquement toutes ces raisons de notre indifférence. Mais est-ce que ce n'était pas là, au fond de nous-mêmes, nos vraies raisons? Nous n'en avions aucune valable.
Au fond, nous - et par nous, j'entends tous les adhérents au Rassemblement populaire, sans exception - nous avons la même mentalité que la bourgeoisie. Les bourgeois ne sont nullement insensibles à la misère; ils peuvent s'émouvoir d'un mendiant rencontré sur leur chemin ; seulement la distance des Champs-Elysées à Billancourt dépasse la puissance de leur imagination, comme pour nous, la distance de Paris à Saïgon. De plus, ils considèrent les ouvriers comme des êtres d'une autre espèce, née pour la fatigue, les privations, l'obéissance et ils trouvent la preuve qu'un tel régime convient au peuple dans le fait que le peuple se tait, alors qu'eux-mêmes imposent ce silence par la contrainte la plus brutale et traitent avec une rigeur impitoyable ceux qui osent élever la voix. Les choses se passaient ainsi, en France, avant juin [1936]. Et nous aussi,  Français de « gauche », nous faisons peser sur les indigènes des colonies la même contrainte, la même terreur qu'ils subsissent depuis tant d'années; et nous croyons trouver dans le silence que nous leur imposons, et qu'ils observent par force, une excuse suffisante pour ne pas penser à eux.
Il a fallu que le sang coule. Tant qu'il n'avait pas coulé, nous n'avons pas accordé une pensée aux millions d'êtres humains qui n'espéraient qu'en nous, qui du fond d'un abîme d'esclavage et de malheur tournaient les yeux vers nous, et qui depuis neuf mois, sans fracas, sans bruit, passent progressivement de l'espérance au désespoir.
Est-ce que la bourgeoisie grande et petite ne manifeste pas sa bêtise, sa brutalité, son esprit borné principalement dans le fait qu'elle s'intéresse à un crime, à un suicide, à un accident de chemin de fer, et  ignore que des milliers de vies sont lentement écrasées, broyées et détruites par le jeu quotidien de la machine sociale. Pour les bourgeois, la question sociale commence à se poser le jour où elle donne lieu à des nouvelles assez sensationelles pour faire passer les crimes en deuxième page.
Et nous aussi, nous sommes exactement pareils. Il faut, pour attirer notre attention, que la tragédie coloniale prenne la forme de fait divers, seule accessible à notre sensibilité et à notre intelligence rudimentaires. Dès maintenant, nous ne pouvons plus nous vanter que l'« expérience » se déroule sans effusion de sang. Du sang l'a souillée.
Il est facile de de dire qu'on recherchera les responsabilités, de parler de sabotage. Il n'y a besoin d'enquête pour savoir où sont les responsabilités. Que chacun de nous se regarde dans la glace, il verra l'un des responsables. 
Sans doute, quelqu'un a donné l'ordre de faire marcher la troupe contre nos malheureux camarades mineurs. Mais cet ordre n'est pas la seule cause du drame. Il y a une cause d'ordre plus général, c'est que le Front populaire n'a pas accordé aux travailleurs indigènes des colonies les libertés démocratiques qui sont indispensables pour l'organisation et pour la lutte; c'est qu'il n'a pas étendu jusqu'à eux la protection qu'il a accordée aux ouvriers français dans leur action revendicative.
Ce n'est pas le Gouvernement qu'il faut mettre en cause. Nos camarades chargés de responsabilités gouvernementales sont si accablés, si surmenés, si tiraillés en tous sens, que leur activité dépend pour une grande part des préoccupations qu'on leur impose. Si, par exemple, Léon Blum avait eu l'impression que nous sommes plus préoccupés de l'esclavage colonial que des traitements des fonctionnaires, il aurait consacré aux problème colonial le temps qu'il a passé à préparer aux fonctionnaires un beau discours.
Quoi qu'il en soit, il faut bien reconnaître que l'œuvre coloniale du gouvernement se réduit à peu prés jusqu'ici à la dissolution de l'Étoile Nord-Africaine. On dira que le programme du Rassemblement populaire ne prévoit pas de réformes coloniales. La dissolution non motivée de la courageuse Étoile Nord-Africaine n'y était pas prévue non plus. Les morts de Tunisie non plus, d'ailleurs. Ce sont des morts hors programme.
Quand je songe à une guerre éventuelle, il se mêle, je l'avoue, à la crainte et à l'horreur qu'inspire une pareille  image, une pensée quelque peu réconfortante. C'est qu'une guerre européenne pourrait peut-être bien servir de signal à la grande revanche des peuples coloniaux pour punir notre insouciance, notre indifférence et notre cruauté.
Ce n'est pas une perspective riante, mais le besoin d'une justice immanente y trouve une certaine satisfaction.
(nach den Oeuvres complètes, II: Ecrits historiques et politiques; tome 3: Vers la guerre (1937-1940), 1989, S.128-131).

Februar 02, 2011