Juli 16, 2009

Gelungene Titelwahl

"Eine unbequeme Wahrheit" überschreibt das Luxemburger Wort heute ihren Bericht über die Vorschläge des Unternehmerverbands UEL zur "langfristigen Sicherung des Rentensystems". Eine überaus passende Anlehnung an Al Gores Film, da genau wie bei Gore Rechenmodelle, die versuchen mögliche Projektionen über eine mögliche Entwicklung zu liefern, als unanfechtbare Tatsachen, eben als DIE "Wahrheit" dargestellt werden. Dabei ist in beiden Fällen die Anzahl der Variablen, auf denen das Rechenmodell beruht, sehr hoch. Im Fall des Rentensystems wird u.a. ein durchschnittliches Anwachsen der Arbeitskraft um 0,5%, eine durchschnittliche Steigerung der Produktivität um 1,7%, ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum von 2,2% und eine Fruchtbarkeitsquote von 1,7 Kindern pro Frau vorausgesetzt; zugleich wird von allen möglichen Erschütterungen (im positiven wie im negativen) des wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, ökologischen, technologischen, wissenschaftlichen Status quo abgesehen.

Letztlich dienen diese Modelle, an das schwammige Schlagwort der "Generationengerechtigkeit" geheftet, zum Durchsetzen einer Verzichtsrhetorik: um die Dauerhaftigkeit des Systems zu garantieren, muss die heutige Generation zurückstecken - die UEL fordert die Anpassung der Renten an den Preisindex gleich fünfmal auszusetzen, egal wie die Entwicklung der Inflation aussehen mag; bei hoher Inflation also eine recht drastische Rentenkürzung -, damit der nächsten Generation mehr bleibt. Da es auch in Zukunft kommende Generationen geben wird, kann man das Argument bis ad aeternam wieder aus der Schubladen ziehen. Generationengerecht und gottgefällig ist also, wenn jede Generation auf ein Neues Verzichtsarbeit leistet.


P.S. Noch so eine unbequeme Wahrheit:

James Hansens Prognosen aus dem Jahr 1988 - und die reale Temperaturentwicklung (via Watt's up with that)

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