Dezember 23, 2011
Mühsam, passend zur Jahreszeit (4)
In Asien liegen in dichtem Knäuel
bluttriefend erschlagene Leichen.
Das sind des Krieges furchtbare Gräuel,
die täglich Tausende bleichen.
In Afrika bringen die Weißen Kultur
mit Feuer und Schwert dem Herero,
es lastet Entsetzen auf weiter Flur,
der Deutsche wütet gleich Nero.
In Russland mordet im eignen Land
die Knute die freien Geister,
und eh nicht dem Volk der Befreier erstand,
wird keiner der Schrecknisse Meister.
In Innsbruck schlagen einander tot
die hasserfüllten Nationen,
die ganze Welt erbebt in Not
und Angst vor Kruppschen Kanonen.
So treten wir unter den Weihnachtsbaum
– sofern wir einen haben;
denn vielen bleibt ein frommer Traum
das Fest mit seinen Gaben.
Und mancher steht am Straßenrand,
von aller Welt verlassen,
und blickt auf der Reichen Lichtertand –
und ins Herz zieht ihm grimmiges Hassen.
Indes bei Gebet und Litanei
die Kirchenglocken erschallen;
man predigt, dass Friede auf Erden sei
und den Menschen ein Wohlgefallen!
(1904)
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