April 15, 2010

Tea Parties und Tripartite

Das Phänomen der Tea Parties in den USA wird gegenwärtig von allen möglichen Seiten "interpretiert". Für die einen sind die Tea Partier die neuen Hippies, für andere die neue "neue Linke"...von rechts. Linkslibertäre schämen sich fast zuzugeben, Sympathien für die Forderungen der Tea Parties zu empfinden, "Anarchisten" rufen dagegen zur Gegenbewegung zur Verteidigung des... Sozialstaats auf (dann stellt sich alles als falscher Alarm heraus). Interessant fand ich dann folgende Analyse auf einem ansonsten recht unsympathischen Blog: Die Tea Partier als Ausdruck der "value creating class", der wertschaffenden Klasse, die sowohl in Opposition zu den herrschenden Eliten als auch den von staatlichen Umverteilungsprogrammen "profitierenden" Unterschichten, d.h. dem Lumpenproletariat, stehen. Diese zumindest in den Ursprüngen authentische Bewegung der (vorwiegend) weißen Arbeiterschaft wendet sich dabei auch gegen die Linke, besser gesagt: gegen eine linksbürgerliche Elite/Intelligentsia, die als "snobbish" empfunden wird und selber nur Hohn und Spott für die "proletarische" Kultur und Lebensweise des blue collar-Pöbels übrig hat, dem sie des Weiteren vorschreiben will, wie er sein Leben politisch und ökologisch korrekt zu leben hat - sich aber selber als Fürsprecher der Arbeiterschaft versteht.

Diese Feindschaft gegen das linke Bürgertum macht die Tea Party-Bewegung im Gegenzug wiederum anschlussfähig nach rechts, ob nun in Form der Instrumentalisierung durch die Republikaner, oder in Form der Unterwanderung durch neonazistische Verschwörungstheoretiker. Dementsprechend beklagt einer der profiliertesten linken Intellektuellen dass sich der Volkszorn von der Rechten instrumentalisieren lässt, anstatt, wie es dem linken Selbstverständnis gemäß doch eigentlich sein müsste, von der Linken:

Da die antizyklische Politik der Regierung mittlerweile in den unpopulären Teil übergeht (denn was bedeutet "antizyklische Politik" anderes, als heute Geld zu verschleudern, um morgen knallharte Austeritätspolitik zu betreiben), organisiert sich auch hier in Luxemburg mittlerweile in Internetforen, Facebookgruppen usw. der Volkszorn, weil jeder ja doch zumindest "haalen wëll waat en huet". Finanzminister Frieden ist es kongenial gelungen, eine Einheitsfront gegen sich aufzubauen, da nahezu alle Bevölkerungsgruppen irgendwie von den angekündigten/angedrohten Maßnahmen betroffen sind. Die gemeinschaftliche Empörung übertüncht etwas die Konflikte zwischen verschiedenen Gruppen, die aber durchaus in gesagten Plattformen auftauchen (Inländer vs. Grenzgänger, Staatsbürger vs. Immigrierte, Privatsektor vs. öffentlicher Dienst). Zumindest das Potenzial, dass die Protestbewegung gegen die staatliche Austeritätspolitik nach "rechts" ausschlägt, ist durchaus real, und es wird letztlich von Gewerkschaftsseite zu zeigen sein, wieweit es gelingen kann, die verschiedenen Interessen vereinigt zu halten (denn die Gewerkschaften vertreten letztlich Mitglieder aller genannten Gruppen).

Die "sozialistische Arbeiterpartei" indessen versucht zu kaschieren, dass sie das ganze Sparpaket mit zu verantworten hat, indem sie stattdessen auf die Forderung nach einer "Bankensteuer" setzt - die "Bankster" haben uns ja die ganze Scheiße eingebrockt, also sollen die auch ihren "Beitrag" leisten (zu dem in einem nationalen "Solidaritätsakt" zu leistenden "Beitrag" wäre auch noch viel zu sagen, mehr darüber vielleicht ein andermal). Une fois n'est pas coûtume muss ich hier der ABBL recht geben: das wäre völlig kontraproduktiv. Bereits ein 1/3 der öffentlichen Einkünfte werden momentan hier in Luxemburg von den Banken gedeckt, eine weitere Steuer bedeutet lediglich eine noch stärkere Abhängigkeit der öffentlichen Finanzen vom Finanzplatz Luxemburg. Ganz abgesehen davon, dass es auch die gleichen Banken (vor allem die größeren davon) sind, bei dem der Staat Zinsen und Zinseszinsen für seine Schulden abzahlt, die von den Zentralbanken mit billigem Geld versorgt werden und durch Notfallpläne für Griechenland zusätzlich unterstützt werden (meint zumindest die KP-Zeitung), woran paradoxerweise die Sozialdemokraten, die laut nach einer neuen "Bankensteuer" schreien, nichts auszusetzen haben.

Mich selber hat die aktuelle Diskussion eher in meinen Überzeugungen gestärkt: zusammengefasst verlangt der Staat von mir, mehr Steuern zu zahlen, um weniger Leistungen zu erhalten. Das ist, gelinde gesagt, ein schlechtes Geschäft. Würde zum Beispiel meine Feuerversicherung einen ähnlich gepolten Vorschlag machen, würde ich schnellstmöglich den Vertrag kündigen. Den Sozialvertrag, den ich zudem nie unterschrieben habe, kann ich jedoch nicht kündigen. Kann man mir also verdenken, dass ich die freie Assoziation zwischen selbstbestimmten und gleichberechtigten Individuen jeglicher nationalen Volks-, Schicksals- oder Solidargemeinschaft vorziehe?


1 Kommentar:

nestor hat gesagt…

Siehe auch: http://lforliberty.wordpress.com/2010/04/18/tripartite-shmipartite/#comments