September 28, 2012

Ertappt!

Lucas Zeise beschäftigt sich heute in der Zeitung vum lëtzebuerger Vollek (es handelt sich aber, wie üblich um eine Übernahme aus dem Ex-HJ/FDJ-Organ Junge Welt) mit dem Bestseller Schulden.Die ersten 5.000 Jahre des "amerikanischen Anarchisten, Ethnologen und Mitbegründers der occupy-Bewegung" und demaskiert ihn schonungslos... als Nicht-Marxisten.
"Es fehlt ihm komplett das Grundverständnis des historischen Materialismus. (...) Was Feudalismus oder Kapitalismus ist, weiß Graeber deshalb ebensowenig, obwohl er viel darüber schreibt. Daß er dem Kapitalismus, wie er ihn sieht, keine lange Restlaufzeit mehr zubilligt, mag Schirrmachers Herz erfreuen. Unsereins bleibt ein wenig deprimiert zurück." (Hört, hört!)
 
Eine bessere und ausführlichere Kritik aus marxistischem Blickwinkel (auch an der "schlechtesten politischen Parole der letzten Jahre": "Wir sind die 99%").  findet man übrigens in der neuen Wildcathttp://www.wildcat-www.de/wildcat/93/w93_bb_graeber.html
 
An einem anderen Ende des politischen Spektrums, in der gestrigen Wort-Beilage Die Warte (sozusagen die letzte Bastion des Ultramontanismus) ereifert sich seinerseits Jhos Levy über die kleinbürgerliche Linke, und setzt die gleich in Parallele "mit dem vulgären Neunazi" (nicht zu verwechseln mit dem kultivierten Neunazi, nehme ich an?). Der Text ist aber schön genug, um hier wiedergegeben zu werden:
"So mancher unserer saturierten Mittelstandsrevolutionäre, die sich nach einem überteuerten Essen zu später Stunde gerne in der pseudo-intellektuellen Posse [gemeint ist wohl Pose?] des kommunistischen Pausenclowns gefallen, weil sie permanent ihre Kontoauszüge mit Karl Marxens Kapitel verwechseln und deshalb an einem in der Fachwelt als Verhaltensstörung verzeichneten Wirklichkeitsverlust leiden, hat eine verblüffende Schnittmenge von Gemeinsamkeiten mit dem vulgären Neunazi. Dazu gehört die geteilte Überzeugung, die Menschheit leide an einem jüdisch-christlich oktroyierten Schuldkomplex. Der Meinung war Reichspropagandaminister Joseph Goebbels auch [wenn der ein Neunazi ist, wer sind dann die Altnazis? Richard Wagner?]. Er definierte das 'jüdische Gewissen als eine Beschneidung, eine Verstümmelung des Geistes'. [...]
Die gleiche Sicherheit teilen beide Protagonisten auch in ihrer Einschätzung des jüdisch-christlichen Monotheismus, der verantwortlich sein soll für den Raubbau der Natur, der die Menschheit Tag für Tag näher an den Abgrund drängt. Man zitiert dann gerne den Bibelvers aus dem Schöpfungsepos: 'bevölkert die Erde, unterwerft sie euch' (Gen 1,28b). Das ist umso erstaunlicher, da unsere links- und rechtsatheistischen Taliban die Natur gemeinhin als Kulisse für ihre Selbstinszenierungen dient. Unsere Gourmet-Guevaras hetzen stundenlang stumpfsinnig durch den Wald, um abzuspecken und unschuldige Käfer tot zu trampeln. Oder sie ergehen sich in so aussergewöhnlich kapitalismuskritischen Freizeitbeschäftigungen wie dem Golf, während ihre braunen Brüder Wehrsportübungen und Sonnenwendfeiern bevorzugen."
Levy bekennt sich dagegen zu einer "ökologisch getragenen Kapitalismuskritik" in der angeblich "die Catholica eine Vordenkerin [war], wie in anderen Bereichen auch."...

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