Während man heute im Le Jeudi rassistischen Unfug über Kataris und Asiaten lesen kann - erstere seien "plus fidèles et moins rusés que certains Asiatiques"(liegt Katar nicht auch in Asien?) - muss man den ehemaligen Geschäftsführer von ArcelorMittal Roland Junck loben, der im Tageblatt-Interview mit dem Mythos der ach so sozialen ehemaligen Arbed-Direktoren luxemburgischer (oder zumindest europäischer Herkunft) aufräumt, der üblicherweise herbeizitiert wird, wenn es wieder mal gegen "Koreaner, Inder, Betriebsschliesser" geht. Für Junck sind nämlich die Abbau-Pläne von Laksmi Mittal viel zu lasch:
"[Tageblatt:] Hätte Schifflingen auch ohne Lakshmi Mittal überlebt? [R.J.] Kaum. Aber ich hätte auch die Wallonie bereits geschlossen. Arcelor hatte mal einen solchen Plan für alle kontinentalen Werke. Die sind teurer als Werke an den Küsten. Der Plan wurde aber aufgegeben und jetzt reicht das Geld nicht mehr, um selbst in die guten zu investieren. Ich hätte auf jeden Fall mehr in die Milchkühe des Konzerns investiert... aber auch in Minen... jedoch ohne die Verschuldung derart in die Höhe zu treiben. Was Europas Stahlindustrie jetzt eigentlich bräuchte, wäre einen zweiten Davignon-Plan, also einen europaweiten Plan zum Abbau der bestehenden Überkapazitäten."
Auch schön mal wieder Jhos Levy von der katholischen Warte, der meint, Karl Marx hätte seinerzeit nicht voraussehen können, dass "Kommunismus und Sozialismus einmal das Opium nicht der Leidenden, sondern der viertelgebildeten Kleinbürger werden sollte" (dabei ignoriert er aber offenbar die doch sehr betonte Kritik Marxens am sogenannten "kleinbürgerlichen" Sozialismus seiner Zeit).
Im Lokalteil des Tageblatt findet man ansonsten aus gegebenem Anlass ein Interview mit den beiden republikanischen Escher Gemeinderäten Taina Bofferding (LSAP) und Marc Baum (Déi Lénk). Letzterer zeigt hier übrigens dass das Jubelcommuniqué der Lénk zum Wahlsieg von Chavez nur konsequent war. Baum vertritt hier nämlich die Idee einer Republik mit möglichst keiner Gewaltenteilung: statt eines adligen oder bürgerlichen Grussonkel wünscht er sich einen direkt gewählten Premierminister (also ein Präsidialsystem ohne Präsidenten), der Staatsrat soll gleich mit abgeschafft werden, denn verfassungsrechtliche Bedenken und Anmerkungen sind ja nur eine Beschneidung des "souveränen Volkswillens", der in einem "unikameralen" System besser zum Ausdruck kommt. Wenn man dann noch den ständigen Ruf nach Referenden und die Forderung einer direkten politischen Handhabe über die Zentralbank hinzuzieht, wird eigentlich das wesentlich bonapartistische Demokratieverständnis der Linken klar... Ansonsten verteidigt man aber natürlich die Ehre des "hohen Hauses", dessen heilige Hallen als "Symbol" der Demokratie nicht durch Privatfeiern wie grossherzogliche Hochzeitsempfänge entweiht werden sollen (siehe den "Appel citoyen" in der goosch.lu von heute...).
Nach all dem KPL-Bashing der letzten Zeit möchte ich zum Abschluss aber noch auf einen hervorragenden Artikel in der heutigen Zeitung vum lëtzebuerger Vollek hinweisen, nämlich den Beitrag von Klaus Fischer über die schäublesche Forderung eines Euro-Hugenbergs. Leider findet man ihn nicht auf der Webseite der Zeitung, jedoch kann man ihn bei der Jungen Welt einsehen: http://www.jungewelt.de/2012/10-17/011.php
1 Kommentar:
Anachronismus
“Aus dem offenkundigen Versagen des historischen Liberalismus erwuchs die sozialistische Bewegung mit dem Ziel, die missbrauchten Freiheitsrechte einzuschränken zugunsten der Gesamtheit und besonders zugunsten der wirtschaftlich Schwachen. Diese Zielsetzung beruht jedoch auf einem Denkfehler; denn der historische Liberalismus versagte nicht, weil er zuviel, sondern weil er zuwenig Freiheit verwirklichte. Eine „freie Wirtschaft“ hat es im Liberalkapitalismus in Wahrheit nie gegeben, sondern nur eine vermachtete Wirtschaft: vermachtet durch Privatmonopole, durch den privaten Monopolbesitz von Grund und Boden und den Rohstoffen, durch das Geld- und Bodenmonopol, durch die Bildung von Syndikaten, Kartellen und Trusts. An die Stelle einer freien Konkurrenzwirtschaft trat die Herrschaft privater Wirtschaftsmächte, die durch ihre Maßnahmen weitgehend auch die Höhe von Preisen, Löhnen und Zinsen und damit das Wirtschaftsgeschehen insgesamt nach ihren Interessen bestimmen konnten.
Die sozialistischen Bestrebungen laufen darauf hinaus, die liberalkapitalistische durch eine zentralgeleitete Wirtschaft, also die private durch eine staatliche Vermachtung und die Privatmonopole durch Staatsmonopole zu ersetzen. Das bedeutet nichts anderes, als dass die vielen erbarmungslosen Wirtschaftsdiktatoren, die sich immerhin noch durch einen letzten Rest von Konkurrenz gegenseitig in ihrer Macht beschränken, durch einen einzigen, ebenso erbarmungslosen, aber völlig unbeschränkten Wirtschaftsdiktator in Gestalt des Staates abgelöst werden. Dadurch kann sich die Lage der arbeitenden Menschen nur noch hoffnungslos verschlimmern, wie mannigfache geschichtliche Erfahrungen hinlänglich bestätigen.”
Ernst Winkler (Theorie der Natürlichen Wirtschaftsordnung)
Spätestens seit der Erstveröffentlichung von “Die Natürliche Wirtschaftsordnung durch Freiland und Freigeld” (Silvio Gesell, 1916) sind alle volkswirtschaftlichen Fragen restlos geklärt. Für Politik und Wirtschaft im 21. Jahrhundert bedeutet das: “…weder dem einen noch dem anderen sollte das Hauptinteresse oder gar das ausschließliche Interesse erwachsener, reifer Menschen gelten” (Zitat: Arthur C. Clarke). Dennoch verstehen die Allermeisten bis heute weder die einfache Ursache noch die einzig denkbare Lösung für die gegenwärtige “Finanzkrise” und lassen sich von “Spitzenpolitikern” und “Wirtschaftsexperten” beeindrucken, die außer Denkfehlern nichts gelernt haben.
Die Ursache dieses Anachronismus ist die Religion, die vor Urzeiten erforderlich war, um den Kulturmenschen “wahnsinnig genug” für die Benutzung von Zinsgeld zu machen, damit das, was wir heute “moderne Zivilisation” nennen, überhaupt entstehen konnte:
http://opium-des-volkes.blogspot.de/2012/09/von-den-drei-verwandlungen.html
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