Oktober 16, 2013

A question of time



Nochmals zu den Wahlen, an denen ich nicht teilnehmen werde... dementsprechend ist dies hier selbstverständlich auch nicht als Wahlempfehlung zu verstehen...

Nur ein kurzer Gedankengang, nach Lektüre der von fast allen Parteien unaufgefordert zugesandten Wahlwerbung in meinem Briefkasten: Es scheint bei dieser Wahl vor allem um... Zeit zu gehen, um die Positionierung in Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft. 
Natürlich kommt die Zukunft bei den Wahlslogans am besten weg: "Deng Stëmm fir d'Zukunft" oder "Loscht op muer" ("well dann ass et Samschden", sagt treffend der Freitags erscheinende Feierkrop) sind Programm... und die betreffenden Parteien schneiden bei der Patronatsinitiative "5 vir 12" (!) auch am besten, d.h. am grünsten ab - eigentlich paradox: wieso die Zukunft wählen, wenn die Uhr auf fünf vor zwölf steht? Vorwärts in den Untergang? Einige Grüne glauben ja ohnehin, dass der mit dem "Wachstumswahn" (ich sage nur: Bauperimeter!) des ehemaligen Enovos-Vorstandsvorsitzenden Etienne Schneider ins Haus steht...
Auch wenn in einer nur bedingt lustigen Satire im jüngsten Forum daneben das Gleiche für die CSV behauptet wird ("Bei der CSV ging es um Zukunft, Zukunft und wieder Zukunft. Mit der Vergangenheit, vor allem der jüngeren, wollten die Konservativen sich am liebsten gar nicht mehr befassen."), steht diese vielmehr "fair a stabil" für das Weiterso, für das Bisherige. Sie sind die wahre Partei des "Elo", ganz im Gegensatz zur Linken, die mit diesem Slogan in die Wahl zieht.
Aus der Wahlwerbung der Lénk geht klar hervor, dass sie die Ford-Keynes-Taylor-Nostalgie*-Partei sind: sie sehnen sich den vermeintlich gemütlicheren Kapitalismus des vorthatcherianischen 20. Jahrhunderts zurück. "Wie sind die Forderungen von déi Lénk zu finanzieren? Genauso so wie der soziale Fortschritt im letzten Jahrhundert finanziert wurde: indem die Wirtschaft mit weniger Aufwand viel mehr produzierte [das scheint mir allerdings schwer vereinbar mit der sieben Seiten später gebrachten Aussage, dass "nicht das Wachstumsdogma... unsere Zukunft bestimmen" soll]. Damals flossen diese Produktivitätsgewinne in Arbeitszeitverkürzungen, Rentenerhöhungen, Einführung des Mindestlohnes, Kollektivverträge. Heute [sic!] fliessen die Produktivitätsgewinne in die Taschen der Aktionäre und statt Arbeitszeitverkürzung gibt es steigende Arbeitslosenzahlen." Dementsprechend muss die Parole lauten: "Vorwärts Genossen, wir müssen zurück!" Oder auch "Deng Stëmm fir d'Vergangenheet."
Noch klarer mit dem Zukunftskult brechen ausgerechnet die Kommunisten, die klar aussagen, dass sie keine Lust auf morgen mehr haben: "Angesichts der wachsenden Probleme, die immer mehr Luxemburger schultern müssen, hat die KPL einfach keine 'Loscht op muer', und sie will auch nicht mit den staatstragenden Parteien 'zesummen fir Lëtzebuerg' in eine ungewisse Zukunft gehen, nicht 'elo' und auch nicht irgendwann." Die Kommunisten sehnen sich nach dem "Ende der Geschichte", das eben nicht im "kapitalistische[n] Ausbeutersystem" zu haben ist, und wollen dieses zumindest konzeptionell erreichen, indem sie immerhin über die kapitalistische Gegenwart und Zukunft "hinausdenken".
Ich meinerseits bin ich ja schon froh, wenn dieses Gedöns endlich vorbei ist, und wir Montag schreiben.

*allerdings "for an age that never existed" wenn man's genau nimmt...

Keine Kommentare: