Oktober 04, 2009

In defense of Progressive Rock (1)

Alle Popkritiker und -historiker sind sich einig: Gottseidank wurde die progressive Rockmusik 1977 von Punk und New Wave hinweggefegt, gewann der Rock'n'Roll dadurch seinen verloren gegangenen rebellischen Geist zurück. Erst vor kurzem, während meines Urlaubs, konnte ich auf Arte zwei Teile der Serie über die 1980er Jahre, pardon "die Eighties", sehen, in der genau dieser Diskurs wieder abgespult wurde, und zum "Beleg" für das Prätentiöse des "Prog"ein zwanzigsekundiger Videoausschnitt, ich glaube von Yes, herhalten musste. Vor einigen Jahren folgte ich selber noch der herrschenden Geschichtsauffassung ("was man in drei Minuten nicht sagen kann, wird man auch in zwanzig Minuten nicht ausdrücken können!"), mittlerweile frage ich mich jedoch, ob man nicht diejenigen, die schon bei Mozart "Zu viele Noten!" geschrieen haben, zu "Revolutionären" gemacht hat, und ob "Keine Experimente!" wirklich als Umwertung aller Werte herhalten kann.

Wohl die meistgehassteste Prog-Band aller Zeiten sind Emerson, Lake and Palmer, die als Inbegriff eines saft- und kraftlosen, mit einem übertriebenen intellektuellen Anspruch behafteten, bis ins Lächerliche bombastischen Stadion-Rock gelten, und noch dazu einen Namen haben, der eher an eine Anwaltskanzlei als an eine Rockband erinnert. In einer Umfrage im Jahr 2003 wurde ELP zur zweitschlechtesten Band aller Zeiten gewählt (hinter der Insane Clown Posse), vermutlich von Leuten, die noch nie im Leben ein Album von Emerson, Lake and Palmer gehört haben.

Also, Ladies and Gentlemen, so klingt die zweitschlechteste Band aller Zeiten:

Knife Edge (1970)


Und so sahen ELP bei ihrem Comeback-Versuch 1993 aus:


P.S. Sehr schön fand ich allerdings anno dazumal eine Kritik des Sven Väth-Albums The Harlequin, The Robot and The Ballet Dancer in einer Techno-Gazette (evt. die Frontpage): er hätte das Album auch gleich The Emerson, The Lake and The Palmer nennen können.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Wenn auch der Anti-Intellektualismus der "zu viele Noten"-Schreier zurückzuweisen ist, so war doch Punk zumindest eine verständliche Reaktion auf die ungebrochene Positivität von Prog-Rock-Bands wie Jethro Tull, die einem als erleuchtete, weise Männer sonstwas vom Pferd erzählt haben, wie magisch und toll doch die Welt ist.

Interessant in diesem Zusammenhang finde ich Frank Zappa und Captain Beefheart, die zuweilen auch in die Prog-Ecke gesteckt werden, sich aber massiv von Bands wie Yes oder Genesis abgegrenzt haben und immer eine passende Polemik gegen die Hippies auf den Lippen hatten...